Wir wollen uns in dieser Lerneinheit anschauen, wie du die Funktionsgleichung aufstellen kannst, wenn bestimmte Eigenschaften einer Funktion gegeben sind. Eigenschaften einer Funktion können z. B. Wendepunkte, Nullstellen oder Extremwerte sein. Auch Tangenten, welche die Funktion berühren, können in der Aufgabenstellung gegeben sein. Ziel ist es die Koeffizienten der Funktion zu ermitteln, indem ein lineares Gleichungssystem aus den gegeben Eigenschaften aufgestellt wird.
Für ein optimales Verständnis helfen dir ein Lernclip und drei ausführliche Beispiele mit Zahlenwerten zu dem Thema. Mehr zu diesem Thema und der Mathematik findest du im Kurs: Onlinekurs MA3 – Kurvendiskussion. Oder lieber mit den Grundlagen starten? Alles dazu findest du im Kurs: Ma1-Grundlagen der Mathematik
Beispiel mit Lösung im Video: Funktionsgleichung aufstellen (Tangente, Schnittpunkt mit y-Achse, Steigung)
Gesucht ist eine Polynomfunktion f(x) 3. Grades, die bei xg = -2 durch eine Tangente mit der Funktionsgleichung g(x) ) -8x – 15 berührt wird. Die Funktion f(x) schneidet die y-Achse bei y0 = 1. Dort beträgt die Steigung m = 16.
Bestimme die Funktionsgleichung f(x)!
Lösung im Video
Funktionsgleichung aufstellen | Grundlagen
Warum eine Funktionsgleichung aufstellen?
Das Aufstellen einer Funktionsgleichung ist ein grundlegendes mathematisches Verfahren, das in vielen Bereichen Anwendung findet, darunter Naturwissenschaften, Wirtschaft und Ingenieurwesen. Eine Funktionsgleichung beschreibt die Beziehung zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen in Form einer mathematischen Gleichung.
Grundprinzipien
-
Definition einer Funktion: Eine Funktion ordnet jedem Element aus der Definitionsmenge genau ein Element aus der Wertemenge zu, d.h.
-
Typen von Funktionen:
- Lineare Funktion:
- Quadratische Funktion:
- Exponentialfunktion:
- Kubische Funktion:
- Logarithmische Funktion:
Schritte zum Aufstellen einer Funktionsgleichung
-
Identifikation des Funktionstyps: Bestimme, welche Art von Funktion vorliegt (linear, quadratisch, etc.), basierend auf der Problemstellung oder gegebenen Datenpunkten.
-
Sammeln von Informationen:
- Gegebene Punkte: Sammle gegebene Punkte (x1,y1),(x2,y2),…
- Zusätzliche Bedingungen: Eventuell gegebene Steigungen, Extremwerte, Asymptoten oder andere spezifische Bedingungen.
-
Aufstellen des Gleichungssystems: Erstelle ein Gleichungssystem, das die gesammelten Punkte und Bedingungen erfüllt.
-
Lösen des Gleichungssystems: Löse das Gleichungssystem, um die unbekannten Parameter der Funktion zu bestimmen.
-
Funktionsgleichung aufstellen: Schreibe die Funktionsgleichung mit den gefundenen Parametern auf.
Klausuraufgabe | Funktionsgleichung aufstellen (Nullstelle, Wendestelle, Tangente)
Betrachtet wird ein Polynom 3. Grades mit einer Nullstelle bei x0 = 1 und einer Wendestelle bei xw = -1. Gegeben sei außerdem die Wendetangente mit der Gleichung g(x) = −9x + 1.
Bestimme die Funktionsgleichung f(x)!
Funktionsgleichung aufstellen
Gesucht wird eine Funktion 3.Grades. Wir stellen zunächst die Funktionsgleichung in ihrer Normalform auf:
Ausgangsfunktion
Ableitungen bilden
Wir bilden zunächst die 1. und 2. Ableitung (die 3. Ableitung ist bei einer kubischen Funktion nicht mehr von x-abhängig und damit nicht relevant):
1.Ableitung
2.Ableitung
Die Nullstelle x0 wird bei der Kurvendiskussion aus der Ausgangsfunktion bestimmt, indem diese gleich Null gesetzt und nach x aufgelöst wird:
Die Wendestelle xw wird bei der Kurvendiskussion aus der 2. Ableitung bestimmt, indem diese gleich Null gesetzt und nach x aufgelöst wird:
Gleichungen aufstellen
Es müssen insgesamt n+1-Gleichungen, also 4-Gleichungen aufgestellt werden, um die 4 Koeffizienten a, b, c und d der kubischen Funktion zu berechnen.
Wir haben nun zwei Eigenschaften der Funktion gegeben. Zum einen die Nullstelle bei x0 = 1 und zum anderen die Wendestelle bei xw = -1.
Angaben zur Nullstelle
Die Nullstelle wird aus der Ausgangsfunktion bestimmt, indem diese gleich Null gesetzt wird. Wir setzen also die Nullstelle in die Ausgangsfunktion ein und setzen diese gleich Null:
Gleichung I
Angaben zur Wendestelle
Die Wendestelle wird aus der 2.Ableitung bestimmt, indem diese gleich Null gesetzt wird. Wir setzen also die Wendestelle in die 2.Ableitung ein und setzen diese gleich Null:
Gleichung II
Angaben zur Wendetangente
Die Wendetangente g(x) = -9x+1 liegt – wie der Name bereits aussagt – an der Wendestelle bei xw = -1 der Funktion f(x). Eine Wendetangente hat an dieser Stelle genau denselben Funktionswert und dieselbe Steigung wie die Funktion:
Gleicher Funktionswert an der Stelle
Gleiche Steigung an der Stelle
Wir setzen nun die Ausgangsfunktion und die Wendetangente gleich und setzen xw ein:
Gleichung III
Hinweis: Wird eine negative Zahl mit einem ungeraden Exponenten potenziert,
so bleibt die Potenz negativ. (-1)³ = -1³ = -1
Betrachten wir als nächstes die Steigung. Die Steigung an der Stelle xw = -1 entspricht der Steigung der Wendetangente an dieser Stelle. Die Steigung ist nichts anderes als die 1.Ableitung der Funktionen. Diese setzen wir gleich:
mit
Wir setzen die beiden Ableitungen gleich und setzen die Stelle xw = -1 sein:
Gleichung IV
Wir haben insgesamt 4 Gleichungen aufgestellt, um die 4 unbekannten Koeffizienten zu berechnen.
Lineares Gleichungssystem aufstellen und lösen
Aus den aufgestellten Gleichungen können wir jetzt ein lineares Gleichungssystem aufstellen, indem wir die Gleichungen untereinander schreiben. Dabei setzen wir das Gleichheitszeichen für alle Gleichungen einheitlich auf die rechte Seite:
(1) | a | + | b | + | c | + | d | = | 0 |
(2) | -6a | + | 2b | = | 0 | ||||
(3) | -a | + | b | – | c | + | d | = | 10 |
(4) | 3a | – | 2b | + | c | = | -9 |
Wir können das obige lineare Gleichungssystem mit einem beliebigen Verfahren lösen. Wir wenden hier die Additions- und Subtraktionsverfahren für lineare Gleichungssysteme so an, dass wir am Ende alle Koeffizienten berechnen können.
Betrachten wir die obigen Gleichungen, so können wir zum Beispiel die Variable d eliminieren, indem wir Gleichung (1) minus Gleichung (3) rechnen, da dann die Variable d wegfällt. Die anderen beiden Gleichungen weisen diese Variable nicht auf:
(1) | a | + | b | + | c | + | d | = | 0 |
– (3) | -a | + | b | – | c | + | d | = | 10 |
= (5) | 2a | + | 2c | = | -10 |
Wir haben nun eine neue Gleichung erhalten, in welche die Variable d nicht mehr vorkommt. Das neue Gleichungssystem ergibt sich wie folgt:
(2) | -6a | + | 2b | = | 0 | ||
(4) | 3a | – | 2b | + | c | = | -9 |
(5) | 2a | + | 2c | = | -10 |
Als nächstes können wir die Variable 2b entfernen, indem wir die Gleichung (2) plus Gleichung (4) rechnen:
(2) | -6a | + | 2b | = | 0 | ||
+ (4) | 3a | – | 2b | + | c | = | -9 |
= (6) | -3a | + | c | = | -9 |
Es ergibt sich als neues Gleichungssystem:
(5) | 2a | + | 2c | = | -10 |
(6) | -3a | + | c | = | -9 |
Wir wollen weiterhin das Additions- bzw. Subtraktionsverfahren anwenden. Das ist möglich, wenn wir die gesamte Gleichung (5) durch 2 dividieren. Dann erhalten wir für 2c = c und wir können hier wieder das Additionsverfahren anwenden:
(5):2 | a | + | c | = | -5 |
Wir können nun Gleichung (5) minus (6) rechnen, so dass c wegfällt:
(5) | a | + | c | = | -5 |
– (6) | -3a | + | c | = | -9 |
= (7) | 4a | = | 4 |
Wir können nun beginnen die Koeffizienten zu berechnen. Aus der Gleichung (7) können wir a berechnen:
(7) |:4
Aus der Gleichung (6) mit a = 1 können wir c berechnen:
(6) |a = 1 einsetzen
|+3
Aus der Gleichung (4) können wir mit a = 1 und c = -6 den Koeffizienten b berechnen:
(4)
|+6 |-3
|:(-2)
Aus der Gleichung (1) können wir mit a = 1, b = 3 und c = -6 den Koeffizienten d berechnen:
(1)
|+2
Wir haben alle Koeffizienten berechnet und können nun die Funktionsgleichung aufstellen:
Funktionsgleichung
Die Funktion sieht wie folgt aus:
In der Aufgabenstellung war der Grad der Funktion (n = 3) sowie der die Nullstelle x0 = 1, die Wendestelle xw = -1 sowie die Wendetangente (Tangente an der Wendestelle) mit g(x) = -9x+1 gegeben. Aus diesen Eigenschaften haben wir die Funktionsgleichung ermittelt.
Anwendung der Funktionsgleichungen
- Mathematik: Lösen von Problemen, die durch Funktionen beschrieben werden.
- Physik: Modellierung von Bewegungen und Kräften.
- Wirtschaft: Erstellung von Prognosen und Modellierung von Kosten und Erlösen.
- Ingenieurwissenschaften: Analyse und Optimierung von Systemen.
Mögliche Fragestellungen | Häufig gestellte Fragen (FAQs)
1. Was ist eine Funktionsgleichung?
Eine Funktionsgleichung ist eine mathematische Gleichung, die die Beziehung zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen beschreibt.
2. Wie stelle ich eine Funktionsgleichung auf?
Identifiziere den Funktionstyp, sammle Informationen (Datenpunkte, Bedingungen), erstelle ein Gleichungssystem, löse es und formuliere die Funktionsgleichung.
3. Welche Funktionstypen gibt es?
Lineare, quadratische, kubische, exponentielle, logarithmische und viele weitere Funktionen.
4. Warum sind Funktionsgleichungen wichtig?
Sie ermöglichen das mathematische Modellieren und Lösen von Problemen in verschiedenen Bereichen wie Naturwissenschaften, Wirtschaft und Technik.
5. Was mache ich, wenn ich mehr als zwei Punkte habe?
Bei mehr als zwei Punkten, die eine nicht-lineare Beziehung andeuten, solltest du einen höheren Grad des Polynoms in Betracht ziehen (z.B. quadratisch oder kubisch) und das entsprechende Gleichungssystem aufstellen und lösen.
Zusammenfassung
Das Aufstellen einer Funktionsgleichung ist ein essenzielles Verfahren zur mathematischen Modellierung und Analyse von Beziehungen zwischen Variablen.
Durch die Identifikation des Funktionstyps, das Sammeln relevanter Informationen, das Aufstellen und Lösen eines Gleichungssystems und das Formulieren der Funktionsgleichung kann man präzise Modelle erstellen, die in vielen wissenschaftlichen und technischen Disziplinen von großer Bedeutung sind.
In der folgenden Lerneinheit zeigen wir dir, wie Ableiten mit der Produktregel abläuft.
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