In diesem Kursabschnitt befassen wir uns mit dem Ultraschallverfahren., welches eine zerstörungsfreie Werkstoffprüfung zulässt.
Für ein optimales Verständnis helfen dir ausführliche Erklärung und Lernclips + Übungsaufgaben Mehr zu diesem Thema und der Werkstofftechnik findest du im Kurs: WT3-Werkstoffprüfung Oder erst mit den Grundlagen starten? Werkstofftechnik-Basics findest du im Kurs: WT1-Einführung-in-die-Werkstofftechnik
Die Ultraschallverfahren zählen zu den akustischen Verfahren der zerstörungsfreien Werkstoffprüfverfahren. Mit Hilfe von Schallschwingungen werden hier Rückschlüsse auf einen Werkstoff gezogen.”
Ultraschallverfahren – Grundlagen
Die Ultraschallverfahren zählen zu den zerstörungsfreien Prüfverfahren aus der Gruppe der Akustischen Verfahren.
Der Zustand der zu prüfenden Bauteile entspricht nach der Prüfung dem Zustand vor der Prüfung. War die Prüfung ohne Fehlerfindung, so kann das Bauteil im Anschluss wieder verwendet werden. Daher hat sich das Ultraschallverfahren als bevorzugtes Verfahren bei der Wartung und Inspektion von Maschinen behauptet.
Besonders beliebt ist das Impuls-Echo-Verfahren. Hier werden akustische Wellen im Bereich des Ultraschalls mit Hilfe eines Prüfkopfs als Impulse in das prüfende Werkstück übertragen. Man nennt diesen Vorgang Einkoppeln.
Jeder Ultraschallimpuls hat nur eine Dauer von wenigen Mikrosekunden und die Ausbreitung des Impulse im Bauteil erfolgt in Schallgeschwindigkeit.
Anders als radiographische Verfahren (Röntgen), breiten sich Ultraschallwellen geradlinig gebündelt und als lange Distanz auch nur leicht abgeschwächt aus.
Ultraschall – Erklärung
Wenn du den Begriff Ultraschall jetzt zum ersten Mal hören solltest, dann merke dir, dass es sich dabei um Schallschwingungen handelt, welche für das menschliche Ohr nicht hörbar sind.
Die Frequenz liegt oberhalb von 20 kHz (20.000 Hz). Für die Prüfung von metallischen Werkstoffen verwendet man Ultraschall mit Frequenzen im Bereich von 2.000 – 4.000 kHz.
Je nach Aufbau und Zusammensetzung des untersuchten Werkstoffes kann der Frequenzwert zwischen 400 – 11.000 kHz liegen.
Anwendungsbereiche der Verfahren
Die Werkstoffprüfung mit Ultraschall eignet sich besonders gut für den Nachweis von Rissen an der Randschicht oder im Inneren von Werkstücken. Auch der Nachweis von Poren, Einschlüssen und Lunkern ist mit diesem Verfahren möglich.
Darüber hinaus lässt sich mit den Ultraschallverfahren eine Aussage hinsichtlich der Materialdicke eines Untersuchungsbereiches treffen und bezogen auf das gesamte Bauteil Stärkeunterschiede ermitteln. Dies gilt auch für die Bewertung einer Schweißnaht.
Reflexion
Der entscheidende Faktor bei der Versuchsdurchführung ist die Reflexion. Reflexion (lat. reflexio = Zurückbeugen) bezeichnet in der Physik das Zurückwerfen von Wellen an Grenzflächen, an denen sich der Wellenwiderstand bzw. der Brechungsindex des Ausbreitungsmediums ändert.
Echo
Denn dort wo sich die Ausbreitung der Ultraschallimpulse ändert, dort werden die Schallwellen reflektiert. Diese Reflexion bezeichnet man als Echo. Daher auch die Bezeichung Impuls-Echo-Verfahren.
Die Reflektion entsteht an Bereichen mit Fehlerstellen.
Zu diesen Fehlern zählen
- Poren
- Lunker
- Risse
Die Begründung liegt in der veränderten Schallgeschwindigkeit. Diese liegt in Luft (Riss, Pore) ungefähr 10-20 fach tiefer als in einer Metallstruktur.
Fehlerecho und Rückwandecho
Die ausgelöste Reflexion können wir sogar noch unterscheiden und das ist auch wichtig! Denn die Fehler im Bauteil sind Reflektionsstellen (Reflektoren), die ein Fehlerecho auslösen. Dem gegenüber stehen Rückwandechos, die ebenfalls eine Reflexion bewirken und an der Rückwand des Bauteils entstehen.
Beide Echoformen werden von dem Empfänger registriert.
Die Vorgehensweise bzw. Ablauf des Ultraschallverfahrens bezieht sich auf das Impuls-Echo-Verfahren. Beim Durchschallungsverfahren ist der Ablauf hingegen anders.
Prüfköpfe
Damit der Prüfkopf die Ultraschallimpulse auch in das Werkstück einkoppeln kann und nicht bereits an der Außenseite des Werkstückes die gesamten Schallimpulse zurückgeworfen werden (Eingangsecho), muss die gesamte Fläche des Prüfkopfes vollständig auf dem Prüfstück aufliegen. Die von Fehlerstellen oder von der Rückwand reflektierten Schallimpulse werden durch einen Empfänger wieder registriert.
Impulsmessung
Der Zeitraum zwischen dem Absetzen des Schallimpulses und dem Registrieren des Fehlerechos erlaubt bei der Kenntnis der Schallgeschwindigkeit des Bauteils (Werkstoffes) einen Rückschluss auf die Tiefe des Echopunktes. So lässt sich die Position (Lage) des Fehlers bestimmen.
Die Zeitdauer ergibt sich aus der doppelten Wegstrecke bis zum Erreichen des Echoortes, da der Impuls nach der Reflektion die gleiche Strecke bis zum Empfänger zurücklegen muss.
Ankopplungsmedium
Da nicht jeder Werkstoff gänzlich glatt ist und beinahe immer eine gewisse Oberflächenrauigkeit besteht, wird zwischen Prüfkopf und Bauteil vor der Prüfung ein gelartiges Ankopplungsmedium (Koppelmittel) auf das Bauteil aufgetragen. Damit wird vermieden, dass Luftspalte die Messung verfälschen.
Dies bewirkt eine Benetzung der Oberfläche von Schallkopf und Bauteil wodurch die Schallimpulse zuerst reflektionsarm eingeleitet und anschließend reflektionsarm empfangen werden können.
Die Benetzung ist zwingend erforderlich, denn bereits Luftspalte von weniger als sind für Ultraschall nicht mehr zu überwinden.
In automatisierten Prüfverfahren wird auf gelartige Koppelmittel verzichtet und das Bauteilt komplett in ein Wasserbad, welches eine ausreichende Kopplungswirkung erzeugt, eingetaucht.
Piezoelektrischer Effekt
Die Basis für das Prüfverfahren ist der piezoelektrische Effekt. Mit dem Piezoeffekt lassen sich Schallwellen erzeugen. Bei einigen wenigen Kristallen wie Quarz bewirken einseitige mechanische Beanspruchungen (Zug oder Druck) eine Verschiebung der Ladungsschwerpunkt innerhalb der Atomstruktur, wodurch sich ein elektrischer Dipol bildet. Dadurch entsteht ein Potentialgefälle (Spannung) zwischen der Ober- und Unterseite des Quarzes.
Wie sich dieser Effekt verhält zeigt dir die nachfolgende Abbildung:
Im positiven Spannungsbereich kommt es zu einer Ausdehnung des Piezokristalls und im negativen Spannungsbereich zu einem Zusammenziehen des Pietzokristalls.
Beim Piezoelektrischen Effekt findet mit Hilfe von Kristallen eine Energieumwandlung statt. Dabei wir mechanische Energie in elektrische Energie umgewandelt.
Piezokristalle
Als Piezokristalle bezeichnet man alle Materialien, die einen piezoelektrischen Effekt aufweisen. Dazu zählen neben Quarz oder Siliciumdioxid auch künstlich hergestellte Keramiken.
Umkehrung des piezoelektrischen Effekts
Man kann den Piezoeffekt übrigens auch Umkehren. Denn eine induzierte Spannung bewirkt eine Verformung des Kristalls. Dieser Vorgang welcher nicht selten reziproker Piezoeffekt genannt wird, bewirkt je nach Polarität eine Dehnung oder Stauchung des Kristalls.
Beim reziproken Piezoeffekt findet mit Hilfe von Kristallen ebenfalls eine Energieumwandlung statt. Dabei wir elektrische Energie in mechanische Energie umgewandelt.
Piezoeffekt bei Ultraschallverfahren
Falls du dich jetzt fragst was das alles mit dem Ultraschallverfahren zu tun hat, dann folgt hier die Erklärung:
Wird der Kristall mit einer hochfrequenten Wechselspannung angeregt, so erzeugt dieser Schwingungen, welche entweder auf die umgebende Luft oder wie im Fall der Ultraschallprüfung auf das zu prüfende Bauteil übertragen werden. Beim Ultraschallverfahren befindet sich ein Piezokristall im Prüfkopf welcher als Sender von Schallwellen dient.
Mit diesem Prüfkopf lassen sich aber auch Schallwellen empfangen. Denn treffen diese auf den Piezokristall im Piezokristall auf, so erzeugen sie, wie oben beschrieben, innere Druck- und Zugspannungen. Die damit einhergehende elektrische Spannung dient dann als direktes Empfangssignal.
Aus den oben genannten Gründen können Prüfköpfe mit Piezokristallen beim Impuls-Echo-Verfahren gleichzeitig Sender als auch Empfänger sein.
Reflexionsgesetz
Die Reflexion von Ultraschallwellen an Fehlstellen kann mit Hilfe des Reflexionsgesetzes beschrieben werden. Dieses sieht formal wie folgt aus
Kennzahlen
Reflexionsfaktor
Durchlässigkeitsfaktor
Reflexionsgesetz – Formel
Beide Größen lassen sich aus den Schallwiderständen der beiden sich berührenden Medien (Werkstoff, Luft) ermitteln:
Kennzahlen
Reflexionsfaktor
Schallwiderstand 1
Schallwiderstand 2
Schallwiderstände – Formeln
Die Schallwiderstände können mit Hilfe der nachfolgenden Gleichungen ermittelt werden:
sowie
Kennzahlen
Schallwiderstand 1
Dichte 1
Schallgeschwindigkeit 1
Schallwiderstand 2
Dichte 2
Schallgeschwindigkeit 2
Verfahrensarten
Das Ultraschallverfahren zählt zur Gruppe der Akustischen Verfahren. In dieser Gruppe der zerstörungsfreien Prüfverfahren finden sich zudem die Klangprüfung und das Schallemissionsverfahren.
Das Ultraschallprüfverfahren selbst kann unterschieden werden in Durchschallungsverfahren und Impuls-Echo-Verfahren.
Wie du der Abbildung entnehmen kannst können die beiden Arten von Ultraschallverfahren nochmals unterschieden werden:
- Durchschallungsverfahren: Intensitätsverfahren und Schallbildverfahren
- Impuls-Echo-Verfahren: Messung mit Normalschallprüfköpfen und Messung mit Winkelschallprüfköpfen.
Beide Ultraschallverfahren behandeln wir ausführlich getrennt voneinander in den kommenden Abschnitten.
Vorteile und Nachteile der Ultraschallprüfung
Wie jedes Verfahren hat auch die Ultraschallprüfung Vorteile und Nachteile. Die wichtigsten Aspekte sind nachfolgend aufgeführt:
Vorteile
- Eignung für Wanddickenmessung
- Eignung für Schichtdickenmessung
- Eignung für Fehlerfindung (Lagebestimmung)
- Erreichung großer Prüftiefen (mehrere Meter)
- Gute Automatisierbarkeit der Prüfung
- Unbedenklich in der Durchführung (keine Schutzmaßnahmen erforderlich – Vergleich zur Röntgenstrahlung)
Nachteile
- Bestimmung der Fehlergröße nur schwer ermittelbar (Beschallung in unterschiedliche Richtungen erforderlich)
- Ultraschallfrequenz begrenzt das Auflösungsvermögen (Kleine Fehler können ggf. nicht dargestellt werden.)
In der folgenden Lerneinheit behandeln wir mit dem Durchschallungsverfahren die erste Variante der Ultraschallverfahren.
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