Betrachten wir Fachwerke und wollen dort die unbekannten Stabkräfte berechnen, so können wir vorab Stäbe, die weder Zug- noch Druckkräfte übertragen, identifizieren und damit aus der Berechnung ausschließen. Diese Stäbe werden als Nullstäbe bezeichnet, da ihr Betrag Null ist. Mit einfachen Regeln ist es somit vor der Berechnung der unbekannten Stabkräfte möglich, die Nullstäbe eines Fachwerks zu ermitteln. Damit erleichtern sich die nachfolgenden Berechnungen, da diese Stäbe bei den Berechnungen nicht weiter beachtet werden müssen.
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Nullstäbe – Grundlagen
Nullstäbe sind diejenigen Stäbe in einem Fachwerk, die keine Kräfte (S = 0) übertragen.
Wir starten zunächst mit der Bestimmung von Nullstäben bevor wir dann in der folgenden Lerneinheit mittels Knotenpunktverfahren die unbekannten Stabkräfte in einem Fachwerk berechnen.
Bei Nullstäben handelt es sich um diejenigen Stäbe in einem Fachwerk, die keine Kräfte (S = 0) übertragen.
Diese Stäbe übertragen keine Kräfte, die Stabkraft ist demnach Null: S = 0. Wir können diese Stäbe vor der Anwendung des Knotenpunkt- oder Ritterschnittverfahrens bestimmen und markieren, so dass diese bei der Berechnung der unbekannten Stabkräfte nicht mehr berücksichtigt werden müssen. Dieses Vorgehen dient dazu, die Berechnungen zu erleichtern.
Es ist nicht notwendig aber sinnvoll die Nullstäbe vor der Berechnung zu markieren, weil wir diese Stäbe für die Berechnungen nicht mehr benötigen. So können wir vorher schon diejenigen Stäbe ausschließen, die keine Stabkraft aufweisen.
Videoclip – Nullstäbe erkennen
Wie du in einem Fachwerk die Nullstäbe erkennen kannst, zeigen wir dir im folgenden Video:
Nullstäbe – Regeln zur Bestimmung
Es gelten die folgenden drei Regeln zur Bestimmung der Nullstäbe in einem Fachwerk.
Regel 1: Nullstäbe erkennen (unbelasteter Knoten)
Sind an einem unbelasteten Knoten (keine äußere Kraft) zwei Stäbe angeschlossen, die nicht auf einer Wirkungslinie liegen, dann sind beide Stäbe Nullstäbe.
In der obigen Grafik siehst du die markierten Knoten. Hier kann die Regel 1 angewendet werden. An den unbelasteten Knoten greifen je zwei Stäbe an, die nicht auf einer Wirkungslinie liegen. Damit sind hier beide Stäbe am jeweiligen Knoten Nullstäbe. Würdest du an diesen Knoten die Gleichgewichtsbedingungen in x-Richtung und y-Richtung anwenden (schräge Stäbe müsste noch in x- und y-Richtung zerlegt werden), so würde für die alle Stabkräfte Null resultieren.
Regel 2: Nullstäbe erkennen (belasteter Knoten)
Sind an einem belasteten Knoten (äußere Kraft) zwei Stäbe angeschlossen, die nicht auf einer Wirkungslinie liegen und liegt einer der Stäbe auf der Wirkungslinie der äußeren Kraft, dann ist der andere Stab ein Nullstab.
In der obigen Grafik sind die beiden Knoten markiert, für welche du die Regel 2 anwenden kannst. Hierbei handelt es sich um zwei belastete Knoten an denen zwei Stäbe angreifen. Der eine Stab zeigt in Richtung der äußeren Kraft, damit ist der andere Stab ein Nullstab. Auch hier gilt, dass bei der Anwendung der Gleichgewichtsbedingungen in x- und y-Richtung an den Knoten dieser Stab den Wert Null annehmen würde.
Regel 3: Nullstäbe erkennen (gemeinsame Wirkungslinie)
Sind an einem unbelasteten Knoten drei Stäbe angeschlossen und liegen zwei davon auf derselben Wirkungslinie, dann ist der andere Stab ein Nullstab.
Am markierten Knoten kann die Regel 3 angewendet werden. Es ist ein unbelasteter Knoten gegeben, an den drei Stäbe angreifen. Zwei Stäbe liegen auf der gleichen Wirkungslinie, damit ist der dritte Stab ein Nullstab. Bei der Anwendung der Gleichgewichtsbedingungen in x- und y-Richtung für diesen Knoten, würde sich für den dritten Stab der Wert Null ergeben.
Betrachten wir zur Veranschaulichung der drei Regel ein Fachwerk, in welchem alle drei Regeln zur Anwendung kommen:
Wir schauen uns im folgenden zwei Fachwerke an, für welche die Nullstäbe mittels der obigen Regeln bestimmt werden sollen.
Beispiel 1: Nullstäbe identifizieren
Um die Nullstäbe in dem Fachwerk zu bestimmen schauen wir uns nacheinander jeden Knoten und und überlegen uns, ob eine der obigen Regel zutreffend ist. Wir haben im oberen linken Knoten einen Kraftangriff, wobei zwei Stäbe an diesen Knoten angreifen. Wir prüfen demnach die Regel 2:
Sind an einem belasteten Knoten (äußere Kraft) zwei Stäbe angeschlossen, die nicht auf einer Wirkungslinie liegen und liegt einer der Stäbe auf der Wirkungslinie der äußeren Kraft, dann ist der andere Stab ein Nullstab.
Die Regel 2 trifft hier zu, da der senkrechte Stab genau in Richtung der Kraft F liegt. Damit ist der Waagerechte Stab ein Nullstab!
Wenn wir uns den rechten oberen Knoten ansehen, dann haben wir dort zwei Stäbe gegeben. Der Knoten ist unbelastet, es greift also keine äußere Kraft an den Knoten an. Wir prüfen hier auf Regel 1:
Sind an einem unbelasteten Knoten (keine äußere Kraft) zwei Stäbe angeschlossen, die nicht auf einer Wirkungslinie liegen, dann sind beide Stäbe Nullstäbe.
Beide Stäbe liegen nicht auf einer Wirkungslinie, weisen also unterschiedliche Richtungen auf. Demnach sind beide Stäbe Nullstäbe.
Die Regel 3 kann hier nirgends angewendet werden, da keine 3 Stäbe an einem unbelasteten Knoten gegeben sind. Wichtig: Dort wo die Auflagerkräfte angreifen sind belastete Knoten gegeben.
Beispiel 2 : Nullstäbe bestimmen
Die ermittelten Nullstäbe werden – wie in der Grafik zu sehen – markiert und können bei der Berechnung weggelassen bzw. als bekannte Stäbe mit dem Wert S = 0 behandelt werden.
Nachdem wir die Nullstäbe in der ersten Runde identifiziert und markiert haben, ist es sinnvoll das Fachwerk erneut auf Nullstäbe zu untersuchen. Dazu ist es am Einfachsten, die bereits ermittelten Nullstäbe zu entfernen, da man so besser sehen kann, wo weitere Nullstäbe liegen:
Betrachten wir die obere Grafik ohne die in Runde 1 ermittelten Nullstäbe, so sehen wir, dass es einen weiteren Nullstab gibt. Der markierte Knoten ist unbelastet und weist drei Stäbe auf. Zwei davon liegen auf einer Wirkungslinie, dann ist der dritte Stab der Nullstab (Regel 3):
Nachdem wir diesen Nullstab gedanklich entfernen, gibt es keine weiteren Nullstäbe in dem Fachwerk:
Das Fachwerk ergibt sich dann zu Beginn der Berechnungen wie folgt:
Die Nullstäbe müssen für die Berechnungen nicht zwingend bestimmt werden. Es ist aber sinnvoll diese vorab zu ermitteln, denn so fallen die Berechnungen einfacher aus. Die obigen grau hinterlegten Stäbe stellen die Nullstäbe da, welche keine Stabkraft aufweisen. Damit ist für diese Stäbe 0kN anzugeben. Im nächsten Schritt müssen die Knoten beschriftet werden und dann ein geeignetes Verfahren (z.B. Knotenpunktverfahren oder Ritterschnittverfahren) angewendet werden, um die blau hinterlegten Stabkräfte zu ermitteln. Die Nullstäbe müssen hier nicht weiter beachtet werden.
Wir wollen uns in der nachfolgenden Lerneinheit an einem ausführlichen Beispiel anschauen, wie das Knotenpunktverfahren ist und wie es zur Bestimmung der unbekannten Stabkräfte angewendet wird.
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