Wir betrachten die Berechnung von unbekannten Kräften aus den drei Gleichgewichtsbedingungen. Dazu schauen wir uns zwei Aufgaben an und zeigen, wie du die unbekannten Kräfte (Lagerkräfte, Seilkräfte und Stabkräfte) freischneidest und dann aus den Gleichgewichtsbedingungen berechnest. Zusätzlich können noch weitere Schritte wie die Berechnung des Winkels mittels Trigonometrie sowie die Kräftezerlegung notwendig sein.
Für ein optimales Verständnis hilft dir ein anschauliches Rechenbeispiel zu dem Thema.
Mehr zu diesem Thema und der Statik findest du in unserem Onlinekurs TM1-Statik.
Aufgabe 1: Seilkraft und Lagerkräfte bestimmen

Gegeben sei der obige Balkenzug. Der Balkenzug ist bei e drehbar gelagert (Festlager) und wird durch ein Seil bei c und d gehalten. Die Reibung zwischen Seil und Rollen soll vernachlässigt werden.
Gegebene Größen:
Wie groß ist die Seilkraft in c bzw. d und die Auflagerkräfte in e?
Schritt 1: Freischnitt aller gesuchten Kräfte
Der Freischnitt muss immer so erfolgen, dass die zu bestimmende Kraft (hier: Seilkraft) freigeschnitten wird. In diesem Fall muss also ein Schnitt durch das Seil gemacht werden, damit die Seilkraft abgetragen werden kann. Zusätzlich dazu lösen wir das System auch von den Auflagern (hier e) und tragen die Lagerkräfte Ev und Eh ab.
Ein Seil überträgt nur Zugkräfte entlang der Seilachse. Beim Freischnitt muss also an dem Rahmen für das Seil eine Zugkraft angebracht werden.
Wir müssen beim Abtragen der Kräfte berücksichtigen, dass die Seilkräfte an beiden Seiten gleich groß sind und bezeichnen die Seilkraft mit S.
Damit wir aus den Gleichgewichtsbedingungen die unbekannte Seilkraft S sowie die unbekannten Lagerkräfte Eh und Ev bestimmen können, müssen wir alle Kräfte die nicht in x- oder y-Richtung wirken in ihre Komponenten zerlegen.
Schritt 2: Kräftezerlegung
In dem obigen Beispiel muss die Seilkraft S im Punkt c in ihre x– und y-Komponente zerlegt werden. Wir kennen den Winkel der Seilkraft zur Horizontalen bzw. Vertikalen nicht, es ist aber die Steigung dieser in der Aufgabenstellung angegeben. Aus der Steigung kann mittels Trigonometrie am rechtwinkligen Dreieck der Winkel berechnet werden:
Mittels Tangens können wir den Winkel α zur Horizontalen bestimmen. Auflösen nach α ergibt:
|
Als nächstes kann die Seilkraft im Punkt c in ihre x– und y-Komponente zerlegt werden:
Schritt 3: Gleichgewichtsbedingungen
Wir wollen nun die Seilkraft und die unbekannten Lagerkräfte bestimmen. Dazu wenden wir die drei Gleichgewichtsbedingungen in der Ebene an:
Horizontale Gleichgewichtsbedingung:
Vertikale Gleichgewichtsbedingung:
Aus den obigen Gleichgewichtsbedingungen kann keine der Unbekannten bestimmt werden.
Wir benötigen noch die Momentengleichgewichtsbedingung.
Um aus der Momentengleichgewichtsbedingung eine unbekannte Kraft bestimmen zu können, muss der Bezugspunkt sinnvoll gewählt werden. Legen wir den Bezugspunkt in das Lager E, so fallen bei der Momentenberechnung die Lagerkräfte Eh und Ev aus der Berechnung heraus:
Wir haben alle rechtsdrehenden Momente negativ berücksichtigt und alle linksdrehenden Momente (hier: F⋅6a) positiv. Wir können nun die Gleichung nach S auflösen. Da jedes Glied von a abhängig ist, können wir zunächst durch a teilen:
|Faktoren zusammenfassen
|aller Glieder mit S zusammenfassen
|
|
|
einsetzen
Aus der vertikalen und horizontalen Gleichgewichtsbedingung können wir nun die Lagerkräfte bestimmen.
Horizontale Gleichgewichtsbedingung:
Das Ergebnis ist negativ, damit wirkt die Auflagerkraft Eh nach rechts und nicht – wie angenommen – nach links.
Vertikale Gleichgewichtsbedingung:
Das Ergebnis ist negativ, damit wirkt die Auflagerkraft Ev nach unten und nicht – wie angenommen – nach oben.
Wir können die Auflagerkräfte Ev und Eh noch zu einer resultierenden Auflagerkraft zusammenfassen. Da beide Kräfte rechtwinklig zueinander stehen, können wir hier den Satz des Pythagoras anwenden:
Der Winkel von der Horizontalen zur resultierenden Auflagerkraft wird mittels Tangens berechnet:
Hierbei handelt es sich um den Winkel von der Lagerkraft Eh zur Resultierenden E, also von der Horizontalen zur Resultierenden.
Aufgabe 2: Stabkräfte berechnen
Lösung a) Berechne die Stabkräfte
Schritt 1: Freischnitt der gesuchten Kräfte
Zunächst schneiden wir die Kreisscheibe so frei, dass die gesuchten Stabkräfte frei liegen. Wir tragen die Stabkräfte alle als Zugkräfte ab (bei einem negativen Ergebnis ist es tatsächlich ein Druckstab):
Außerdem müssen wir die Gewichtskraft der Scheibe berücksichtigen. Eine Gewichtskraft wirkt immer vertikal nach unten. Berechnet wird die Gewichtskraft durch:
Die Gewichtskraft ist gleich Masse mal Erdbeschleunigung. Die Erdbeschleunigung bei physikalischen Berechnungen wird mit der Konstanten g = 9,81 m/s² angegeben.
Schritt 2: Kräftezerlegung
Die x-Achse und die y-Achsen werden eingeführt und zunächst alle Kräfte, die weder in x– noch in y-Richtung zeigen in ihre Komponenten zerlegt. In diesem Beispiel muss die Stabkraft S1 in ihre Komponenten zerlegt werden:
negative x-Richtung
positive y-Richtung
Da der Winkel 45° beträgt, sind sowohl Sinus und Kosinus von 45° gleich groß:
Es ergibt sich also:
Wir tragen die beiden Komponenten an der Scheibe ab:
Schritt 3: Gleichgewichtsbedingungen
Als nächstes wenden wir die Gleichgewichtsbedingungen an, um die unbekannten Stabkräfte zu berechnen.
(1)
(2)
Aus der vertikalen Gleichgewichtsbedingung (2) können wir die unbekannte Stabkraft S1 berechnen:
Einsetzen von m = 15 kg und g = 9,81 m/s²:
|+147,15 N
|
Als nächstes wenden wir die Momentengleichgewichtsbedingung an. Diese legen wir so, dass so viele Unbekannte wie möglich wegfallen. Wir haben bereits S1 bestimmt. Wir suchen noch S2 und S3. Demnach können wir den Bezugspunkt so legen, dass entweder S2 oder S3 in der Berechnung wegfallen:
Wir wählen beliebig den Punkt A. Die Gewichtskraft weist einen Hebelarm r zum Punkt A auf und übt ein rechtsdrehendes Moment aus. Die Stabkraft S3 weist ebenfalls den Hebelarm r auf und übt ein linksdrehendes Moment aus. Wir müssen außerdem das Moment M berücksichtigen, welches linksdrehend ist (also positiv):
Wir können die Momentengleichgewichtsbedingung nach S3 auflösen:
Einsetzen von r = 10 cm = 0,1m , M = 25 Nm:
Aus der horizontalen Gleichgewichtsbedingung (1) können wir als letztes die Stabkraft S3 bestimmen:
(1)
Die Stabkräfte S2 und S3 sind Druckkräfte, weil diese im Freikörperbild als Zugkräfte angenommen wurden und ein negatives Ergebnis resultiert ist!
Lösung b) Moment berechnen
Um herauszufinden, welchen Wert das Moment annimmt, wenn die Stabkraft S3 Null wird, müssen wir die obige Momentengleichgewichtsbedingung aufgelöst nach S3 gleich Null setzen:
Wir können diese Gleichung deswegen heranziehen, weil hier nur die unbekannte Stabkraft S3 enthalten ist.
|
|+M
Das Moment beträgt dann 14,72 Nm.
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