In diesem Lerntext zeigen wir dir, wie du die Schnittgrößen für einen schrägen Balken mit Eigenlast aus den Gleichgewichtsbedingungen berechnest.
Ein schräger Balken ist ein Tragwerkselement, das in einem geneigten Winkel zur Horizontalen verläuft. Er dient zur Aufnahme von Lasten und kann sowohl durch äußere Kräfte wie Eigenlasten als auch durch Momente beansprucht werden.
Schnittgrößen sind innere Kräfte und Momente, die in einem Tragwerk an einer gedachten Schnittstelle auftreten, um das Gleichgewicht des Systems sicherzustellen. Sie umfassen Normalkraft, Querkraft und Biegemoment und sind essenziell für die Dimensionierung und Beurteilung der Stabilität von Tragwerken.
Aufgabe: Schnittgrößen am schrägen Balken
Bevor wir mit den Berechnungen beginnen, müssen wir zunächst eine Vorarbeit leisten.
Wahre Länge vs. projizierte Länge
Die Eigenlast eines Trägers wirkt immer lotrecht zur Erdoberfläche. Die Eigenlast gilt immer für die wahre Länge des Trägers:
Die wahre Länge l haben wir mittels Kosinus berechnet. Betrachten wir das rechtwinklige Dreieck, so ist die Ankathete mit 5m (=projizierte Länge) gegeben und die Hypotenuse (=wahre Länge) ist gesucht. Der Winkel beträgt 35°:
Auflösen nach der Hypotenuse:
Zerlegung der Eigenlast
Im nächsten Schritt müssen wir das lotrechte Eigengewicht zerlegen. Wir suchen später die Schnittgrößen, die parallel zur Balkenachse (Normalkraft) und senkrecht zur Balkenachsen (Querkraft) liegen. Diese ermitteln wir aus den Gleichgewichtsbedingungen, die in Richtung der Normalkraft und in Richtung der Querkraft zeigen.
Da die gegebene Eigenlast g aber weder in Richtung der Normalkraft noch in Richtung der Querkraft wirkt, müssen wir diese genau in die beiden Richtungen zerlegen:
Wir haben hier die Eigenlast g in die Eigenlast senkrecht zum Balken g⊥ und parallel zum Balken g|| zerlegt. In der folgenden Grafik siehst du, warum der Kosinus und Sinus verwendet wurde:
Nachdem wir die Vorarbeit für einen schrägen Balken mit Eigenlast geleistet haben, können wir als nächstes damit beginnen die Auflagerkräfte zu berechnen.
Lösung a) Auflagerkräfte bestimmen
Zur Bestimmung der Auflagerkräfte müssen wir zunächst den Balken von seinen Auflagern freischneiden und die Lagerkräfte abtragen. Außerdem müssen wir die gegebene Eigenlast zu einer resultierenden Eigenlast G zusammenfassen:
Die Resultierende einer Streckenlast wird bestimmt indem diese mit der Länge multipliziert wird, auf welche die Streckenlast wird. Hier wirkt die Eigenlast auf die gesamte Länge des Balkens l (=wahre Länge). Die Resultierende der Eigenlast wird wie folgt berechnet:
Die resultierende der Eigenlast wirkt in die gleiche Richtung wie die Eigenlast, also lotrecht nach unten. Da wir für die Berechnung der Auflagerkräfte am Besten die Gleichgewichtsbedingung in x- und y-Richtung verwenden, müssen wir hier keine Zerlegung vornehmen, da die Resultierende G vertikal gerichtet ist (also in Richtung der y-Achse).
Nachdem wir die Auflager freigeschnitten und die Resultierende (mittig vom Balken bei 2,5 projizierter Länge) angebracht haben, können wir als nächstes die Gleichgewichtsbedingungen aufstellen, um die Auflagerkräfte zu berechnen.
Horizontale Gleichgewichtsbedingung
Die Summe aller Kräfte, die in x-Richtung zeigen muss Null ergeben, damit sich der Balken horizontal nicht verschiebt.
Da keine äußere horizontalen Kräfte angreifen, ist die horizontale Auflagerkraft gleich Null.
Vertikale Gleichgewichtsbedingung
Die Summe aller Kräfte, die in y-Richtung zeigen muss Null ergeben, damit sich der Balken vertikal nicht verschiebt.
Aus dieser Gleichgewichtsbedingung können wir noch keine unbekannte Auflagerkraft berechnen, da hier zwei Unbekannte gegeben sind.
Momentengleichgewichtsbedingung
Wichtig: Bei Berechnung des Moments gilt, Kraft mal Hebelarm. Der Hebelarm ist dabei der senkrechte Abstand von der Kraft zum Bezugspunkt. Der senkrechte Abstand einer vertikalen Kraft ist damit ein horizontaler Abstand von der Kraft zum Bezugspunkt. Das bedeutet, dass für die Resultierende G der horizontalen Abstand zum Lager A betrachtet werden muss und damit ist die projizierte Länge relevant ist.
Wir legen den Bezugspunkt hier in das Lager A. Somit fallen die Kräfte, die im Lager A liegen aus der Berechnung raus, da der Hebelarm Null ist. Alle Kräfte, deren Wirkungslinien den Bezugspunkt schneiden, üben ebenfalls kein Moment aus. Das sind in diesem Fall nur die Lagerkräfte Ah und Av.
Die Summe aller Momente auf das Lager A muss Null ergeben, damit der Balken nicht rotiert.
Wir können jetzt aus der vertikalen Gleichgewichtsbedingung die Auflagerkraft Av bestimmen:
Nachdem wir alle Auflagerkräfte berechnet haben, können wir damit beginnen die Schnittgrößen zu berechnen.
Lösung b) Schnittgrößen berechnen
Im ersten Schritt müssen wir die Schnittbereiche festlegen. Wir betrachten dazu den Ausgangsbalken ohne Resultierende:
Es wird immer zwischen Einzelkräften (auch Auflagerkräfte) und zwischen der Streckenlast geschnitten. Wir führen hier 2 Schnitte durch. Einmal vor der Auflagerkraft A und einmal zwischen A und B.
Wir haben einen schrägen Balken gegeben. Die Schnittgrößen ergeben sich an den linken Schnittufern wie folgt:
Die Normalkraft N zeigt in Richtung der Balkenachse (vom Querschnitt weg), die Querkraft Q steht senkrecht dazu (nach unten) und das Drehmoment M ist am linken Schnittufer linksdrehend.
Wir haben hier nun Kräfte gegeben, die in unterschiedliche Richtungen wirken. Wir haben einmal die Auflagerkräfte und die Streckenlast gegeben, die entweder vertikal oder horizontal gerichtet sind. Wir haben zusätzlich die Schnittgrößen gegeben, die nicht vertikal oder horizontal gerichtet sind.
Wir wählen ein Koordinatensystem in Richtung der Schnittgrößen (Richtung Normalkraft und Richtung Querkraft), dann müssen wir die Auflagerkräfte und die Streckenlast zerlegen.
Schnittbereich 1: 0 ≤ xα ≤ 1m
Oben siehst du den Schnittbereich 1. Wir haben hier durch die gegebene Eigenlast geschnitten, es ist also am linken Schnittufer nur ein Teil der gesamten Eigenlast gegeben. Diese Teileigenlast hat eine Länge von x (x-Achse beginnt am Balkenanfang und geht bis zum Schnitt). Wir berechnen für diese Teileigenlast die Resultierende:
Die Resultierende der rechteckigen Teileigenlast greift im Schwerpunkt, also genau in der Mitte der Länge an, also bei x/2.
Da wir das xα – und yα – Koordinatensystem in Richtung der Normalkraft und Querkraft gewählt haben, müssen wir die Resultierende G1 noch in ihre Komponenten in diese Richtung zerlegen.
Wir haben bereits oben gezeigt, wie die Komponenten ermittelt werden:
Zerlegung in Richtung der Querkraft
Zerlegung in Richtung der Normalkraft
Wir erhalten demnach für die beiden Resultierenden:
Gleichgewichtsbedingung in xα-Richtung
Wir betrachten alle Kräfte in Richtung der Normalkraft (und entgegengesetzt) am Schnittbereich 1:
:
Linearer Normalkraftverlauf
Gleichgewichtsbedingung in yα-Richtung
Wir betrachten alle Kräfte in Richtung der Querkraft (und entgegengesetzt) am Schnittbereich 1:
:
Linearer Querkraftverlauf
Momentengleichgewichtsbedingung
Wir betrachten alle Kräfte, die ein Moment auf den Schnitt (orangener Punkt) ausüben. Wir stellen uns den Balken im Schnittpunkt fest fixiert und ansonsten lose vor und überlegen uns, in welche Richtung die Kraft den Balken dreht, wenn sie wirkt. Das ist dann die Momentendrehung.
Folgende Kräfte sind nicht relevant, da diese kein Moment auf den Schnitt ausüben: , und . Die Wirkungslinien dieser Kräfte schneiden den Bezugspunkt (der im Schnitt liegt), damit ist kein senkrechter Abstand gegeben und damit ist kein Moment gegeben.
:
Die Eigenlast G1;yα drückt den Balken nach unten. Dieser führt dann eine Linksdrehung um den Schnittpunkt aus. Damit ist das Moment schonmal positiv. Der Hebelarm ist nichts anderes als der senkrechte Abstand von der Kraft zum Bezugspunkt. Da die Eigenlast in Richtung yα zeigt, muss der Hebelarm parallel zu xα-Achse sein und damit x/2.
Quadratischer Momentenverlauf
Schnittbereich 2: 1m ≤ xα ≤ 5m
Oben siehst du den Schnittbereich 2. Wir haben hier wieder durch die gegebene Eigenlast geschnitten, es ist also am linken Schnittufer nur ein Teil der gesamten Eigenlast gegeben. Diese Teileigenlast hat eine Länge von x (x-Achse beginnt am Balkenanfang und geht bis zum Schnitt). Wir berechnen für diese Teileigenlast die Resultierende:
Die Resultierende der rechteckigen Teileigenlast greift im Schwerpunkt, also genau in der Mitte der Länge an, also bei xα/2.
Da wir das xα – und yα – Koordinatensystem in Richtung der Normalkraft und Querkraft gewählt haben, müssen wir die Resultierende G2 noch in ihre Komponenten in diese Richtung zerlegen.
Wir erhalten demnach für die beiden Resultierenden:
Außerdem müssen wir die Auflagerkräfte im Lager A in die Richtung des xα – und yα – Koordinatensystems zerlegen. Da die Auflagerkraft Ah gleich Null ist, können wir diese unberücksichtigt lassen. Es verbleibt also die Auflagerkraft Av.
Nachdem wir die Auflagerkraft zerlegt haben, können wir damit beginnen die Schnittgrößen für den Schnitt 2 zu berechnen.
Gleichgewichtsbedingung in xα-Richtung
Wir betrachten alle Kräfte in Richtung der Normalkraft (und entgegengesetzt) am Schnittbereich 2:
:
Linearer Normalkraftverlauf
Gleichgewichtsbedingung in yα-Richtung
Wir betrachten alle Kräfte in Richtung der Querkraft (und entgegengesetzt) am Schnittbereich 2:
:
Linearer Querkraftverlauf
Momentengleichgewichtsbedingung
Wir betrachten alle Kräfte, die ein Moment auf den Schnitt (orangener Punkt) ausüben. Wir stellen uns den Balken im Schnittpunkt fest fixiert und ansonsten lose vor und überlegen uns, in welche Richtung die Kraft den Balken dreht, wenn sie wirkt. Das ist dann die Momentendrehung.
Folgende Kräfte sind nicht relevant, da diese kein Moment auf den Schnitt ausüben: , , und . Die Wirkungslinien dieser Kräfte schneiden den Bezugspunkt (der im Schnitt liegt), damit ist kein senkrechter Abstand gegeben und damit ist kein Moment gegeben.
:
Die Eigenlast G2;yα drückt den Balken nach unten. Dieser führt dann eine Linksdrehung um den Schnittpunkt aus. Damit ist das Moment schonmal positiv. Der Hebelarm ist nichts anderes als der senkrechte Abstand von der Kraft zum Bezugspunkt. Da die Eigenlast in Richtung yα zeigt, muss der Hebelarm parallel zu xα-Achse sein und damit x/2.
Die Komponente der Auflagerkraft Av in yα-Richtung drückt den Balken nach oben in einer Rechtsdrehung um den Schnittpunkt. Da diese erst bei xα = 1,22m beginnt, müssen wir die 1,22m für den Hebelarm abziehen.
Quadratischer Momentenverlauf
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