In diesem Kursabschnitt verschaffen wir dir einen ersten Überblick zu den Verfahren des Urformens, speziell dem Gießen, damit du dir hierzu ein genaues Bild machen kannst.
Für ein optimales Verständnis helfen dir zwei anschauliche Beispiele zu dem Thema. Mehr zu diesem Thema und der Fertigungstechnik findest du im Kurs: FT0-Fertigungstechnik Auch interessant! Alles zur Montagetechnik von Schrauben findest du im Kurs: MO1-Fertigungstechnik
Im kommenden Kurs Urformtechnik findest du dann eine sehr ausführliche Betrachtung der einzelnen Verfahren aus diesem Teil der Fertigungstechnik.
Urformen – Grundlagen
“Beim Urformen erzeugen wir aus einen formlosen Stoff (Flüssigkeit, Pulver) einen festen Körper mit einer vorgegebenen Form.”
Dabei zeichnet sich das Urformen dadurch aus, dass ein Zusammenhalt der Stoffteilchen geschaffen wird.
Hauptsächlich unterscheiden wir drei Arten des Urformens
- Urformen durch Gießen
- Urformen durch Sintern
- Generative Urformverfahren
Nachfolgend ist jede dieser Varianten einzeln aufgeführt.
Urformen durch Gießen
Bei den Gießverfahren wird zumeist ein Metall oder ein Kunststoff aus dem flüssigen/breiigen Zustand in den festen Zustand als Gussstück überführt.
Merkmale des Gießens
Das Verfahren weist folgende Merkmale auf:
- Gefüllt wird in den meisten Fällen eine Form, die einen Hohlraum aufweist. Unterschieden werden verlorene Formen und Dauerformen. Verlorene Formen sind Formen, die zumeist aus Sand gefertigt werden und nach dem einmaligen Gebrauch nicht erneut verwendet werden können. Dauerformen hingegen sind aus einer speziellen Legierung und können nach dem Gebrauch für erneute Einsätze verwendet werden.
- Die Gussform ist ein negatives Abbild der Werkstückform und macht eine eventuelle Nachbearbeitung erforderlich.
- Aus konstruktiver Sicht müssen neben der reinen Form auch Zusatzeinrichtungen wie Angussöffnungen oder Speiser (Entgasung) sowie ausreichende Wandstärken und ggf. Kühlelemente mit eingeplant werden.
- Der verwendete Werkstoff ist in den meisten Fällen flüssig oder breiig.
- Ziel eines jeden Gießvorgangs ist ein besonders endkonturnahes Gussstück zu erhalten, wodurch eine Nachbearbeitung minimal ausfällt und eine maximale Wirtschaftlichkeit garantiert werden kann.
- Um selbst komplizierte Formen als Guss realisieren zu können, kommen teilweise Kerne (für die Erzeugung von Hohlräumen im Werkstück) und eine Teilung der Form (Realisierung von Formschrägen) in Frage.
- Im Vorfeld sollte immer daran gedacht werden einen Schwund zu berücksichtigen. Dieser als Schwundmaß bezeichnete Wert der Werkstoffe ist zu ermitteln, da es in der Folge der Abkühlung des Werkstoffes zu einem Zusammenziehen des Materials kommt und bis zu 2 % betragen kann.
Obwohl das Urformen durch Gießen viele Kriterien/Anforderungen erfüllen muss, ist es dennoch eine sehr beliebte Verfahrensart, die sowohl material- als auch energiesparend eingesetzt werden kann.
Gießformen
Das Verfahren lässt sich ebenfalls in Hinblick auf die
- Stückzahlen,
- Toleranzen,
- eingesetzten Werkstoffe
und
- weitere spezifische Fertigungsanforderungen
unterteilen.
Wir nehmen hier eine Einteilung nach der Art der verwendeten Modelle und Formen vor.
- Guss mit Dauermodellen und verlorenen Formen
- Guss mit verlorenen Modellen und verlorenen Formen
- Guss in Dauerformen
Verlorene Formen
Verlorene Formen oder verlorene Modelle werden während des Gießvorgang und dem Ausformen zumeist vollständig zerstört. Als Ausgangsmaterial kommen Sand mit Bindemitteln oder aufgeschäumter Kunststoff zum Einsatz. – Daher eignet sich diese Formenart vorrangig für Einzelstücke oder kleine Serien.
- Sandguss: Dauermodell und verlorene Form
- Vollformgießen: verlorene Modell und verlorene Form
Dauerformen
Dauerformen erlauben eine Wiederverwendung und haben eine höhere Genauigkeit gegenüber verlorenen Formen, sind dafür aber auch wesentlich teurer. – Daher eignet sich diese Formenart besonders gut für mittelgroße bis große Serien.
- Kokillenguss: Dauerform
Auswahlkriterien für ein Gießverfahren
Welche Art des Gießens letztlich gewählt wird, kann an folgenden Punkten festgemacht werden:
- Geplante Stückzahl – Unterscheidungsmerkmal: Handformen oder Maschinenformen,
- Geforderte Toleranzen – Unterscheidungsmerkmal: Feinguss oder Sandguss,
- Genauigkeit – Unterscheidungsmerkmal: Grobes oder konturnahes Gießen,
- Bauteilgröße – Unterscheidungsmerkmal: Kleines oder großes Gussstück,
- Stückgewicht – Unterscheidungsmerkmal: Leichtes oder schweres Gussstück,
- Eingesetzter Werkstoff – Unterscheidungsmerkmal: Reinmetall oder Legierung
Trotz größter Bemühungen besteht nicht selten die Notwendigkeit einer anschließend Wärmebehandlung. Ausschlaggebend dafür sind mögliche, auftretende Spannungen aufgrund der ungleichmäßigen Abkühlungsgeschwindigkeit des Gussstückes oder die Bildung von groben Körnern oder Gitterfehlern.
Vergleich der Gießverfahren – Überblick
Abschließend zu den Urformverfahren (Gießverfahren) nehmen wir einen Vergleich vor, so wie in der nächsten Abbildung geschehen.
Hier unterscheiden wir den Sandguss, den Kokillenguss und den Druckguss in Hinblick auf Merkmale wie
- Werkstoff der Form,
- Wirtschaftlich ab,
- Geeignete Werkstoffe,
- Realisierbare Teile (Stückgewicht),
- Zulässige Toleranz (Maß),
- Temperatur der Form
und
- Art des Gießdrucks (Druckangabe).
Zusätzliche Informationen zum Verfahren
Nachfolgend noch ein paar Wichtige Informationen zum Verfahren.
Bearbeitungszugaben
Die Bearbeitungszugabe ist die Stoffzugabe (Zusätze) an einem Werkstück, um bei der Bearbeitung die tatsächlich benötigten Fertigmaße zu erreichen, also die Differenz zwischen Roh- und Fertigmaß.
Abhängig sind die Bearbeitungszugaben an den Funktionsflächen sowohl vom Gießwerkstoff und den vorgegebenen Toleranzen des Gießverfahrens.
Besonders bei dünnen Wandstärken des Gussstücks kommt es nicht selten zu einer Härtung der Gusshaut, weshalb hier besonders viele entgegenwirkende Zusätze benötigt werden. Notwendig ist dieser Vorgang um nachfolgende Bearbeitungsschritte wie das Zerspanen zu erleichtern.
Nachbearbeitung
Wenn es sich nicht gerade um ein gegossenes Gewicht (z.B. Gegengewicht für Bagger, Kräne, usw.) welches keine Nachbearbeitung erfährt handelt, sollten im Vorfeld bei der Erzeugung der Form Spannlappen sowie Spannflächen konstruktiv berücksichtigt werden. Diese erleichtern nachfolgende Fertigungsschritte.
Werkstoffprüfung
Die Qualität eines Gussstückes lässt sich zumeist nicht im Vorfeld bestimmen, weshalb eine anschließende Werkstoffprüfung erfolgt. Hier unterscheiden wir zwischen mechanischen zerstörenden, bedingtzerstörenden und zerstörungsfreien Verfahren.
- Zerstörende Prüfverfahren: Kerbschlagbiegeversuch, Zugversuch
- Bedingt zerstörende Prüfverfahren: Härteprüfung nach Brinell, Poldihammer
- Zerstörungsfreie Prüfverfahren: Durchschallungsverfahren, Echo-Impuls-Verfahren
Welche Verfahrensart (Gießen, Sintern, Generative Urformverfahren) des Urformens letztlich zum Einsatz kommt, hängt von nachfolgenden Fragestellungen ab:
- Wo soll das Werkstück eingesetzt werden?
- Wie viele Werkstücke sollen erzeugt werden?
- Wie wirtschaftlich ist das gewählte Verfahren?
- Eignet sich das Verfahren auch für den gewünschten Werkstoff?
Auch für deine Prüfung solltest du immer diese Fragestellungen im Hinterkopf haben, dass eine Aufgabe dich auffordert die richtige Verfahrensart auszuwählen.
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