In diesem ersten Kursabschnitt stellen wir dir zuerst das Planen und Analysieren von Fertigungsaufträgen vor, damit du dir hierzu ein genaues Bild machen kannst.”
Für ein optimales Verständnis helfen dir zwei anschauliche Beispiele zu dem Thema. Mehr zu diesem Thema und der Fertigungstechnik findest du im Kurs: FT0-Fertigungstechnik Auch interessant! Alles zur Montagetechnik von Schrauben findest du im Kurs: MO1-Montagetechnik
Fertigungsaufträge – Grundlagen
Unter einem Fertigungsauftrag versteht man in der Fertigungstechnik und Produktionstechnik einen innerbetrieblichen Auftrag für Fertigung einer vorgegebenen Menge eines bestimmten Einzelteils, einer Baugruppe oder eines Produktes. Der Fertigungsauftrag wird durch einen Auftraggeber erteilt.
Der Auftraggeber kann dabei extern (Verbraucher, Kunde (Kundenauftrag)) oder intern (innerbetrieblich) sein. Unabhängig davon werden die im Fertigungsauftrag angegebenen Produkte an die zugehörigen Kostenstellen ausgegeben.
Man unterscheidet primäre und sekundäre Fertigungsaufträge voneinander.
Aufgaben der Fertigung
Die wesentliche Aufgabe der Fertigung besteht darin ein oder mehrere Bauteile ökonomisch herzustellen. Hier muss beachtet werden, dass die Abmessungen, die Genauigkeit, die Auswahl des Werkstoffes, sowie bestimmte Eigenschaften des Bauteils wie die Oberflächengüte vorgegeben sind.
Um eine Optimale Fertigung gewährleisten zu können, ist es erforderlich, dass die betrieblichen Produktionsfaktoren
- Arbeit
- Werkstoffe
- Abläufe
- Informationsaustausch
optimal und wirtschaftlich miteinander verknüpft werden.
Betrieblicher Leistungsprozess
Die Fertigung ist ein zentraler Bestandteil des betrieblichen Leistungsprozesses und ein Kernbereich der Betriebsorganisation in Bezug auf die Wertschöpfungskette. Nur wenn hier optimal agiert wird, können die Güter und Erzeugnisse eines Unternehmens unter den wirtschaftlich besten Bedingungen erstellt werden.
Dabei ist es auch unerheblich ob es sich hier um die Fertigung in einem Handwerks- oder Industriebetrieb handelt. Im Fokus stehen immer
- fertigungstechnische
sowie - wirtschaftliche
Aspekte.
Fertigungsplan
Die Fertigung erfordert eine gut überlegte und langfristige Planung, welche letztlich in einer Fertigungsplanung mündet.
Der Gesamtplan oder auch Teilpläne berücksichtigen
- Eingesetzte Fertigungsverfahren
- Eingangsgüter
- Teilabläufe
- Personen- und Maschineneinsatz
- Detailplanung der Arbeitsvorgänge
Jede schrittweise Veränderung des Werkstoffes im Rohzustand bis hin zum verkaufsfertigen Artikels muss in der Fertigungsplanung erfasst werden.
Kontrollinstrumente
Bereits die erste Zeichnung eines Bauteils oder Anpassung an der Zeichnung müssen auf Plausibilität geprüft und einer Kontrolle unterzogen werden. Hierbei bedient sich der Prüfer unterschiedlichen Normen und Vorschriften die es Einzuhalten gilt.
In nicht wenigen Fällen kommt eine externe Zeichnungsprüfungsinstanz zum Einsatz.
Die Prüfung kann unterschieden werden in
Prüfung von Werkstattzeichnungen
Hier werden die materiellen Inhalte der Zeichnung auf Richtigkeit geprüft
Prüfung der Gruppenzeichnung und Gesamtzeichnung
Hier wird die Gesamtheit der Maßnahmen und deren Stimmigkeit miteinander geprüft. Fällt diese Prüfung positiv aus, so kann mit der Prototypfertigung begonnen werden.
Datensicherung
Da Fertigungsstücke mit der Zeit verändert und angepasst werden, ist es erforderlich die Zeichnungen immer auf dem neuesten Stand zu halten und dabei mit Hilfe einer Datensicherung zu speichern. So ist es möglich gerade in der auftragsgebundenen Fertigung immer wieder auf wiederkehrende Aufträge optimal zu reagieren.
Wird ein Bauteil erstmalig hergestellt, so müssen alle fertigungstechnischen Änderungen der Konstruktionsabteilung mitgeteilt werden. Diese übernehmen Angaben zu Fehlern oder Toleranzänderungen in die Zeichnungen mit auf.
Die Datensicherung stellt zudem ein perfektes Instrument im Unternehmen dar um immer die aktuellsten Fertigungsunterlagen zur Hand zu haben und gleichzeitig Anpassungen in Bauteilen zeitlich zurückverfolgen zu können.
Detaillierungsgrad
Die Fertigungsangaben umfassen eine Vielzahl von Details, weshalb auf bestimmte Angaben wie arbeitsplanerische Hinweise verzichtet werden sollte. Andere Angaben hingegen wie Toleranzen, Werkstoffbezeichnungen, normgerechte Angaben zu den Halbzeugen oder Bearbeitungszustände sowie Lieferzustände der Eingangsstoffe müssen aufgenommen und in regelmäßigen Abständen auf Aktualität geprüft werden.
Anforderungen an die Zeichnungen
Jede Fertigungszeichnung muss aktuell und vollständig gehalten werden. Zudem müssen alle Angaben zur Herstellung des Bauteils darin enthalten sein. Auch neue Werkstoffbezeichnungen oder Normen müssen hier berücksichtigt werden.
Fertigungsaufträge
Ein Fertigungsauftrag ist der Startpunkt für jeder Fertigung eines Produkts. Folgende Angaben sollten im Fertigungsauftrag enthalten sein:
- Bezeichnung der Teile
- Mengenangabe zum Auftrag
- Erfassung der Arbeitsgänge
- Beschreibung der Arbeitsfolge
- Terminierung der Fertigungsschritte (Angaben zum Start- und Endzeitpunkt)
Je nach Tiefe der Fertigung können wir drei Formen von Fertigungsaufträgen unterscheiden.
Ist der Fertigungsauftrag erteilt und freigegeben, so kann im Betrieb mit der Planung des Betriebsmitteleinsatzes begonnen werden. Hier muss bereits früh festgelegt werden, welche Maschinen zum Einsatz kommen und wie viel Kapazität dieser für den Auftrag eingeplant werden muss.
Eigenfertigung oder Fremdfertigung
Ob es letztlich Sinn macht Teile eines Produktes selber zu fertigen oder fremd fertigen zu lassen, hängt zum einen von der Fertigungstiefe des Betriebes und gleichzeitig von der Qualität fremdgefertigter Teil ab.
Fertigungstiefe
Nicht jeder Betrieb verfügt über die volle Fertigungstiefe, weshalb für die Fertigung auf externe Betriebe zurückgegriffen wird. Diese Fremdfertigung gleicht die fehlende Fertigungstiefe sowie Kapazitätsengpässe aus. Aber auch hier kann nicht von einem Selbstläufer gesprochen werden, weshalb die Fertigungsleitung in Absprache mit dem Einkauf schon weit vor dem Fertigungsstart die Fremdfertigungsaufträge vergeben, zeitlich in den eigenen Fertigungsplan einbauen und permanent überwachen muss.
Qualität der fremdgefertigten Komponenten
Um über die gelieferten Komponenten immer im Bilde zu sein, ist es erforderlich, die mitgelieferten Fertigungsunterlagen genauestens zu kennen. Nicht selten sind Termine vor Ort mit dem Lieferanten zwecks Austausch sinnvoll, damit die gewünschte Qualität gewährleistet werden kann. Darüber hinaus macht es Sinn in regelmäßigen Abständen die Auswahl der Lieferanten und deren Qualität zu überprüfen.
Maschinenbelegung
In den meisten Fällen kann eine Maschine nur einen einzelnen Auftrag bearbeiten. Aus diesem Grund ist ein durchdachter Maschinenbelegungsplan so wichtig. Wir unterscheiden dabei Pläne, die von Menschen geplant werden und Plänen, die mit Hilfe von Maschinenprogrammen (Heute teilweise mit KI [Künstlicher Intelligenz]) erstellt werden.
Unabhängig davon, wer letztlich den Maschinenbelegungsplan erstellt, müssen immer alle aktuellen und ggf. planbaren Fertigungsaufträge mit erfasst und bei der Belegung eingeplant werden.
Speziell die Feinplanung erfordert genaueste Belegungszeiten und Optimierung der Maschinennutzung. Daten aus der Fertigung werden dafür fortwährend zwecks Überprüfung an das QM weitergeleitet.
Trotz einer perfekten Planung können Maschinenausfälle oder andere Verzögerung auftreten. Um diesen Störungen entgegenzuwirken, werden alle relevanten Daten innerhalb einer BDE [Betriebsdatenerfassung] gesammelt und zum Abruf bereitgestellt. Diese Daten können Kategorien zugeordnet werden:
- Auftragsbezogene Daten
- Mitarbeiterbezogene Daten
- Betriebsmittelbezogene Daten
- Werkzeug- und Vorrichtungsdaten
- Materialdaten
Auftragsbezogene Daten
In dieser Kategorie werden alle Angaben zu
- Maschinenbelegungszeiten
- Arbeitsgängen
- Aufträgen
- Aktuellen Produktionsmengen
sowie
- Qualitätszuständen
erfasst.
Mitarbeiterbezogene Daten
In dieser Kategorie werden alle Angaben zu
- Anwesenheitszeiten der Mitarbeiter
- Produktionsleistung der Mitarbeiter
sowie
- Qualität der Mitarbeiter
erfasst.
Betriebsmittelbezogene Daten
In dieser Kategorie werden alle Angaben zu
- Laufzeiten
- planbaren Wartungsmaßnahmen (zukunftsorientiert)
sowie
- unplanbaren Störungen (vergangenheitsorientiert)
erfasst.
Werkzeug- und Vorrichtungsdaten
In dieser Kategorie werden alle Angaben zu
- Einsatzorten der Maschinen und Werkzeuge
- Belegungszeiten der Maschinen und Werkzeuge
sowie
- Zuständen der Maschinen und Werkzeuge
erfasst.
Materialdaten
In dieser Kategorie werden alle Angaben zu
- Entnahmen aus dem Lager
- Zugängen ins Lager
sowie
- Reservierungen für Lagerbestände
erfasst.
Jeder dieser Werte und fast immer sind es Zahlenangaben muss regelmäßig mit den Sollwerten verglichen werden. Abweichungen können mit Anpassungen der Stellgrößen im Fertigungsablauf berücksichtigt werden. Dieses Monitoring der einzelnen Bereiche und Posten erlaubt eine optimierte Fertigung.
Berichte & Berichtwesen
Ein weiterer Vorteil des Monitoring ist die Erstellung von Berichten, welche genutzt werden um Produktionsabläufe zu steuern.
Diese Steuerung umfasst auch kurzfristige Bedarfsanpassungen hinsichtlich
- Mitarbeitern
- Maschinen
- Material
Der Umfang und Detaillierungsgrad dieser Berichte schwankt. Daher können wir auch hier wieder Unterscheidungen vornehmen. Die Betriebsdatenerfassung beinhaltet Angaben zu
- Fehlzeiten und Personalabwesenheiten
- Betriebsmittelnutzung
- Qualitätsanalysen
- Störungsanalysen
- Lagerbestände
- Lageränderungen
- Auftragsübersichten
- Kontrolllisten zu Fertigungsfortschritten
- Auftragsrückstandslisten
Arbeitsplan
Das Hauptziel eines Arbeitsplanes besteht darin, dass die auftretenden Kosten dem Produkt bzw. Erzeugnis genau zugerechnet werden können.
Methoden zur Erstellung
Hier unterscheiden wir den Arbeitsplan danach, wie bekannt der neue Fertigungsauftrag ist.
- Wiederholung: Der neue Fertigungsauftrag entspricht einem vergangenen Fertigungsauftrag. Hier kann nach dem ursprünglichen Arbeitsplan gesucht und diese als Vorlage für den neuen Fertigungsauftrag kopiert werden.
- Ähnlichkeitsplanung: Der neue Fertigungsauftrag entspricht teilweise einem vergangenen Fertigungsauftrag. Hier wird auf einen alten aber ähnlichen Arbeitsplan zurückgegriffen und dieser in einer überarbeiteten Version als neuer Arbeitsplan genutzt.
- Neuplanung: Der neue Fertigungsauftrag hat keinerlei Übereinstimmung mit vergangenen Fertigungsaufträgen. Hier wird ein komplett neuer Arbeitsplan exklusiv für das Produkt entwickelt. Dieser kann aber später wiederum als Ausgangsplan für die Wiederholung oder Ähnlichkeitsplanung genutzt werden.
Die beiden ersten Methoden haben den Vorteil der Zeitersparnis, beinhalten aber zumeist den Nachteil, dass anders als bei der Neuplanung keine neuen Impulse zur Optimierung der Fertigungsmethode gegeben werden. Der Experte spricht dann von einem Technologiestillstand.
Für die Erstellung eines Arbeitsplanes ist die genaue Kenntnis der gegebenen Fertigungsstruktur unablässig. Hier muss ein genaues Bild zur Ausgangssituation der Fertigung bzw. Produktionsstätte erzeugt werden. Erst wenn dies gelingt ist die Erstellung eines sinnvollen Arbeitsplanes möglich.
Arbeitsplan für Einzelteile
Sollen Einzelteile gefertigt werden, so erzeugt man die Arbeitspläne durch die Festlegung von auftragsabhängigen Daten. Diese berücksichtigen alle Tätigkeiten innerhalb der Fertigungsplanung und gehen in die Erstellung von Fertigungsaufträgen ein. Diese Stammdaten werden durch die Arbeitsablauffolge ergänzt.
Ein Arbeitsplan kann ebenfalls mit Hilfe von 5 Fragestellungen erstellt werden:
- Wo wird gefertigt? – Welche Abteilung und welche Kostenstelle?
- Wie wird gefertigt? – Welche Ablauffolge der Arbeitsgänge ist sinnvoll?
- Womit wird gefertigt? – Welche Betriebsmittel und welche Ausgangsmaterialien werden benötigt?
- In welchem Zeitraum wird gefertigt? – Welche Zeiten müssen für den jeweiligen Fertigungsschritt eingeplant werden?
- Welche Lohnkosten entstehen bei der Fertigung? – Welches Entlohnungssystem wird genutzt und welche Lohngruppen sind zu berücksichtigen?
Aus Gründen der Zeitersparnis sollte immer versucht werden Arbeitspläne für den neutralen Auftraggeber zu erstellen. Dadurch können Erfahrungswerte mit in die Planung aufgenommen werden. Handelt es sich hingegen um eine auftragsbezogene Einzelfertigung so muss der Arbeitsplan um Angaben zu Termin, Stückzahl und Auftragsnummer ergänzt werden.
Nachdem wir uns jetzt einen ausreichenden Überblick bezüglich dem Planen und Analysieren von Fertigungsaufträgen verschafft haben, starten wir im kommenden Abschnitt mit der Betrachtung der einzelnen Fertigungsverfahren nach Hauptgruppen.
Was gibt es noch bei uns?
Optimaler Lernerfolg durch tausende Übungsaufgaben
Quizfrage 1
Quizfrage 2
“Wusstest du, dass unter jedem Kursabschnitt eine Vielzahl von verschiedenen interaktiven Übungsaufgaben bereitsteht, mit denen du deinen aktuellen Wissensstand überprüfen kannst?”
Was ist Technikermathe?
Unser Dozent Jan erklärt es dir in nur 2 Minuten!
Oder direkt den > kostenlosen Probekurs < durchstöbern? – Hier findest du Auszüge aus jedem unserer Kurse!
Geballtes Wissen in derzeit 26 Kursen
Hat dir dieses Thema gefallen? – Ja? – Dann schaue dir auch gleich die anderen Themen zu den Kursen
WT3 (Werkstoffprüfung) und
TM1 (Technische Mechanik – Statik) an.
Perfekte Prüfungsvorbereitung für nur 14,90 EUR/Jahr pro Kurs
++ Günstiger geht’s nicht!! ++
Oder direkt Mitglied werden und Zugriff auf alle 26 Kurse (inkl. Webinare + Unterlagen) sichern ab 7,40 EUR/Monat ++ Besser geht’s nicht!! ++
Social Media? - Sind wir dabei!
Dein Technikermathe.de-Team