Nachdem wir die Gaswirtschaft ausführlich betrachtet haben, ist es nur logisch, dass wir nun die Ölwirtschaft in Deutschland vorstellen. Denn diese schaut ebenfalls auf eine lange Geschichte zurück.
Für ein optimales Verständnis helfen dir zahlreiche, ausführliche Videoclips und viele anschauliche Rechenbeispiele zu dem Thema. Mehr zu diesem Thema und der Energietechnik findest du im Kurs: ENT1-Energieversorgung
Rohölförderung in Deutschland
In Deutschland gibt es nur begrenzte Vorkommen an konventionellem Rohöl. Die bedeutendsten Ölquellen befinden sich in Norddeutschland, insbesondere in der Nähe von Emden und Wilhelmshaven, sowie in einigen anderen Regionen wie Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Diese Vorkommen sind jedoch im Vergleich zu anderen Ländern relativ gering und haben in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung verloren.
Die Förderung von konventionellem Rohöl in Deutschland ist daher vergleichsweise gering und hat sich in den letzten Jahren aufgrund von Erschöpfung der Reserven und wirtschaftlicher Unrentabilität weiter verringert. Einige der älteren Ölfelder werden noch immer betrieben, aber die Fördermengen sind im Vergleich zu den Spitzenzeiten deutlich gesunken.
Einige Unternehmen setzen auch auf die Erschließung von unkonventionellen Ölvorkommen, wie z.B. Schieferöl, aber diese Projekte stehen oft unter starkem öffentlichen Widerstand und haben bislang keine signifikante Rolle in der deutschen Ölförderung gespielt.
Aufgrund der begrenzten Inlandsproduktion ist Deutschland stark auf den Import von Rohöl angewiesen. Die meisten Öleinfuhren kommen aus anderen europäischen Ländern wie Norwegen, Russland, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden sowie aus Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas.
Insgesamt spielt die nationale Ölförderung in Deutschland eine vergleichsweise geringe Rolle im globalen Kontext, und das Land ist stark von externen Lieferungen abhängig, um seinen Bedarf an Rohöl zu decken.
Erdöl wird auf verschiedene Arten aus den Tiefen des Erdreichs gefördert. So siehst du oben das Bild einer Offshore Bohrinsel (weit vor der Küste).
Unter diesen Zeilen erblickst du eine Nearshore Bohrinsel (in Küstennähe).
Auf dem Bild darunter handelt es sich um einen Onshore Bohrturm (an Festland), bzw. einen normalen Bohrturm.
Rohöl-Versorgung
Die Versorgung mit Rohöl in Deutschland erfolgt über verschiedene Quellen und Transportwege. Hier sind einige wichtige Aspekte der Rohölversorgung in Deutschland:
-
Importe: Deutschland ist stark auf den Import von Rohöl angewiesen, da das Land über nur begrenzte eigene Ölvorkommen verfügt. Die wichtigsten Lieferländer sind Russland, Norwegen, das Vereinigte Königreich, die Niederlande und teilweise auch Länder im Nahen Osten und Nordafrika.
-
Seehäfen und Pipelines: Rohöl wird hauptsächlich über Seehäfen wie Rotterdam in den Niederlanden oder Wilhelmshaven in Deutschland importiert. Von dort aus wird es über Pipelines und Tanklager weitertransportiert und verteilt. Es gibt auch Pipelineverbindungen zu den Raffinerien und Chemiewerken im Landesinneren.
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Raffinerien: Deutschland verfügt über eine Reihe von Raffinerien, die Rohöl verarbeiten und daraus verschiedene Produkte wie Benzin, Diesel, Heizöl und andere petrochemische Produkte herstellen. Diese Raffinerien sind ein wichtiger Bestandteil der deutschen Energiewirtschaft und spielen eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung der Energieversorgung.
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Internationale Abhängigkeiten: Die Rohölversorgung in Deutschland ist eng mit den internationalen Entwicklungen auf den Rohölmärkten verbunden. Preisschwankungen, geopolitische Ereignisse und Angebots- und Nachfragefaktoren in anderen Teilen der Welt können sich auf die Verfügbarkeit und die Preise von Rohöl in Deutschland auswirken.
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Energiepolitik und Nachhaltigkeit: Angesichts der Herausforderungen des Klimawandels und der Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung ist Deutschland bestrebt, seine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, einschließlich Rohöl, zu reduzieren und den Übergang zu erneuerbaren Energien voranzutreiben. Dies kann die Entwicklung alternativer Kraftstoffe, Energieeffizienzmaßnahmen und den Ausbau erneuerbarer Energien umfassen.
Die Rohölversorgung in Deutschland ist also ein komplexes System, das von internationalen Beziehungen, wirtschaftlichen Faktoren, Energiepolitik und technologischen Entwicklungen beeinflusst wird. Die Sicherstellung einer zuverlässigen und nachhaltigen Rohölversorgung bleibt eine wichtige Herausforderung für Deutschland und andere Industrieländer.
Das Rohöl wird sowohl über grenzüberschreitende Rohölpipelines nach Deutschland befördert als auch über die großen Rohöl-Häfen Wilhelmshaven, Brunsbüttel, Hamburg sowie Rostock eingeführt. Seitdem es regelmäßig Konflikte über die neueste Pipeline gibt, sollte dir NORTHSTREAM 2 ein Begriff sein.
Von den Häfen in Wilhelmshaven (oben), Brunsbüttel sowie Rostock führen Pipelines zu einer oder gleich mehreren Raffinerien (unten).
Nachdem das Rohöl die Raffinerien erreicht hat, wird es in unterschiedlichen Verfahren in diverse Produkte wie Benzin, Diesel, Heizöl oder Kerosin und viele mehr zerlegt. Dieser Vorgang wir als Fragmentierung bezeichnet.
Das Rohöl wird dabei aufgespalten. Je nach Verfahrensart sowie Verfahrenstemperatur erhält man ein anderes Produkt.
Obwohl es vermutlich sinnvoll wäre, befindet sich die Pipelineinfrastruktur nicht im Eigentum des Staats sondern der Mineralölkonzerne.
Denn in Hinblick auf die Komplexität ist es logisch, dass die Struktur der Pipelines in den meisten Fällen durch gemeinschaftliche Unternehmen mehrerer Mineralölgesellschaften betrieben werden.
Ölwirtschaft – Rohöl – Verbrauch
Das Rohöl-Aufkommen Deutschlands wurde 2019 mit 105,6 Mio. t zu 97 % aus Importen erbracht.
In der nächsten Abbildung siehst du die offiziellen Zahlen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu den Importen von Rohöl nach Herkunftsländern.
Die inländische Rohölförderung trug 2016 mit 3,3 Mio. t zu lediglich 3 % zum Gesamtaufkommen bei.
Nun betrachten wir zuerst die Mengen im Bereich der Industrie. Anschließend schauen wir uns die wichtigsten Posten auf dem Absatzmarkt innerhalb Deutschlands an.
Produktionsmengen – Rohöl
Nachfolgend siehst du eine Übersicht der Importe und Exporte an Rohöl und Rohölprodukten aus dem Jahr 2016.
Rohöl: | 2016, Angabe in 1000 Tonnen |
Förderung | 3383 |
Einfuhr | 109418 |
Raffinerien: | |
Produktion | 122082 |
– Eigenverbrauch | 7240 |
Mineralölprodukte (Benzin,..) | |
Einfuhr | 36982 |
Ausfuhr | 27346 |
Bunker | 2641 |
Absatzmengen – Erdölprodukte
Da du bestimmt nicht alle Produkte kennst, folgt in der nächsten Tabelle eine Übersicht der Absätze 2016 der häufigsten Erdölprodukte.
Inlandsabsatz | 2016 Angabe in 1000 Tonnen |
Rohbenzin | 17017 |
Ottokraftstoff | 22604 |
Dieselkraftstoff | 29134 |
leichtes Heizöl | 26504 |
schweres Heizöl | 6289 |
Flüssiggas | 2773 |
Flugturbinenkraftstoff | 8512 |
Bitumen (Baugewerbe) | 2989 |
Gesamtabsatz (inkl. weiterer kleinerer Posten) | 113152 |
Wandel in der Ölwirtschaft
Hinsichtlich der Herkunft der in deutschen Raffinerien eingesetzten Importrohöle ist ebenfalls ein beträchtlicher Strukturwandel festzustellen.
- 1998 trugen zum Rohölaufkommen insgesamt 24 Staaten bei.
sowie
- Bedeutendster Lieferant mit einem Anteil von einem Viertel ist Russland. Denn heute ist dieser Wert sogar noch weiter angestiegen mit mehr als 30 % aller Rohöleinfuhren.
sowie
- Die nächst wichtigsten Rohöl-Herkunftsländer für Deutschland waren 1998 Norwegen, Großbritannien, Libyen, Algerien, Saudi-Arabien, Syrien, Venezuela, Nigeria sowie Kasachstan.
Der Beitrag der 10 größten Lieferländer der Bundesrepublik Deutschland belief 2018 sich auf 95 % der Gesamtimporte von 85,2 Mio. Tonnen Rohöl. Obwohl ihre Bedeutung abnimmt, wurde aber aus OPEC-Staaten immerhin 27 % eingeführt.
Rohöl – Bezugsstruktur – Nationen
Rohöl-Bezugsstruktur der Bundesrepublik Deutschland 2018 nach Regionen:
- Russland: 33,4 %,
sowie
- Afrika + Arabische Halbinsel: 18,6 %,
sowie
- Westeuropa (im wesentlichen Nordseeöl): 19,9 %,
sowie
- Osteuropa/Asien 10,0 %,
sowie
- Nordamerika (im wesentlichen USA): 4,6 %
sowie
- Südamerika (im wesentlichen Argentinien) 5,5 %.
sowie
- Übrige Länder: ca. 6 %
Rohöl – Anladestationen – Volumen
Die Rohölzufuhr nach Deutschland erfolgt über verschiedene Anladestationen:
- 32,7 Mio. über die Nordseehäfen Wilhelmshaven sowie Hamburg/Brunsbüttel.
sowie
- 21,1 Mio. t von Triest über die Transalpine Pipeline (TAL) an die süddeutschen und Raffinerien
sowie
- 4,5 Mio. t von Marseille/Lavera über die Mineralöl-Fernleitung SPLSE nach Karlsruhe.
sowie
- 10,3 Mio. t über die RRP-Leitung von Rotterdam zur Versorgung des deutschen Marktes auf.
sowie
- 19,0 Mio. t von russischen Rohölen über die sogenannte Freundschaftsleitung (Drushba) nach Heimersdorf für die Raffinerien in Schwedt und Spergau.
Wandel in der Ölwirtschaft – Neueste Entwicklung (Stand 2024)
Der Wandel in der Ölwirtschaft in Deutschland spiegelt sich in verschiedenen Aspekten wider, angefangen von der Förderung und Raffination bis hin zu Verbrauchsgewohnheiten und Energiepolitik. Hier sind einige Schlüsselpunkte dieses Wandels:
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Rückgang der Inlandsförderung: Wie bereits erwähnt, ist die Inlandsförderung von konventionellem Rohöl in Deutschland in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Dies liegt zum Teil an der Erschöpfung der Reserven in den bestehenden Ölfeldern und an wirtschaftlichen Überlegungen aufgrund der vergleichsweise hohen Förderkosten.
-
Abhängigkeit von Importen: Deutschland ist stark von Rohölimporten abhängig, um seinen Bedarf zu decken. Der Rückgang der Inlandsförderung hat diese Abhängigkeit verstärkt, und das Land bezieht einen Großteil seines Rohöls aus anderen europäischen Ländern sowie aus dem Nahen Osten, Nordafrika und anderen Regionen.
-
Raffinerieanpassungen: Die Raffinerieindustrie in Deutschland hat sich an die veränderte Nachfrage und die sich wandelnde Marktlandschaft angepasst. Einige Raffinerien wurden geschlossen oder umgebaut, um sich auf die Verarbeitung von leichterem Rohöl zu konzentrieren, das aus den Importen stammt.
-
Diversifizierung der Energieversorgung: Angesichts der Klimawandelbedrohung und der Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung hat Deutschland seine Energiewende vorangetrieben. Dies beinhaltet eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarenergie sowie Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Reduzierung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe, einschließlich Öl.
-
Alternative Kraftstoffe und Mobilität: Es gibt auch Bemühungen, alternative Kraftstoffe und Antriebstechnologien zu fördern, um die Abhängigkeit von konventionellem Benzin und Diesel zu verringern. Elektrofahrzeuge, Wasserstoff und Biokraftstoffe gewinnen an Bedeutung, und die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe wird weiter ausgebaut.
-
Internationale Entwicklungen: Die Veränderungen in der globalen Ölindustrie, einschließlich Preisschwankungen, geopolitischer Ereignisse (Ukrainekrieg) und technologischer Fortschritte, haben auch Auswirkungen auf die Ölwirtschaft in Deutschland.
Insgesamt befindet sich die Ölwirtschaft in Deutschland im Wandel, da das Land bestrebt ist, sich an veränderte Marktbedingungen, geopolitische Entwicklungen und Umweltanforderungen anzupassen. Der Übergang zu einer nachhaltigeren Energieversorgung und die Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen sind zentrale Aspekte dieses Wandels.
Ölwirtschaft – Rohöl – Lagerung
Die Lagerung von Rohöl, Zwischen- sowie Fertigprodukten erfolgt sowohl unterirdisch in Kavernen wie auch oberirdisch in Raffinerien sowie zahlreichen raffinerieunabhängigen Tanklagern.
Insgesamt betragen die Kapazitäten an Tanklagern in Deutschland rd. 62 Millionen Kubikmeter. Es entfallen 40 Prozent auf Kavernen.
Nachdem wir den Einstieg in die Ölwirtschaft geschafft haben, ist es sinnig, dass wir dir im nächsten Kurstext die Erdölraffinerien sowie daraus gewonnen Produkte erklären.
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