In diesen Kursabschnitt befassen wir uns ausführlich mit der Torsion (Torsionsbeanspruchung).
Für ein optimales Verständnis helfen dir einige anschauliche Beispiele und abschließende, umfangreiche Abbildungen zu dem Thema, sowie ein zusammenfassender Videoclip.
Torsionsbeanspruchung – Grundlagen
Eine Torsion ist immer dann gegeben wenn an oder in Maschinenbauteilen Kräfte, Momente oder Kräftepaare wirken, deren Wirkungslinie nicht mit der Balkenachse oder Trägheitsebene übereinstimmt. Ferner lässt sich die Torsion weiter unterscheiden in
- Reine Torsion &
- Gängige Torsion
Reine Torsion
Die reine Torsion ist eine mechanische Belastung, bei der ein Körper um seine Achse verdreht wird, ohne dass dabei Biege- oder Scherkräfte auftreten.
Hier sind einige Beispiele für reine Torsion:
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Schraubendreher: Wenn Sie einen Schraubendreher verwenden, um eine Schraube in ein Material einzudrehen, wird der Schaft des Schraubendrehers einer reinen Torsionsbelastung ausgesetzt.
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Torsionsstab: Ein langer, zylindrischer Stab, der an einem Ende fest eingespannt ist und am anderen Ende eine Drehmomentkraft erfährt, ist ein klassisches Beispiel für reine Torsion. Das bekannteste Beispiel ist die Torsion in einem elastischen Stab, wie sie in der Torsionsprüfung von Materialien verwendet wird.
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Torsionsfeder: Eine Spiralfeder, wie sie in mechanischen Vorrichtungen und in der Technik verwendet wird, unterliegt einer reinen Torsionsbelastung, wenn sie verdreht wird, um eine Federkraft zu erzeugen.
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Torsionspendel: Ein Torsionspendel besteht aus einem dünnen Draht oder einem dünnen Stab, an dem ein Massenelement befestigt ist. Wenn das Massenelement aus seiner Gleichgewichtslage verdreht wird, erzeugt die Rückstellkraft des Drahts oder Stabs eine Schwingung um die Torsionsachse.
Diese Beispiele veranschaulichen Situationen, in denen reine Torsion auftreten kann. Es ist wichtig anzumerken, dass reine Torsion in der Realität selten vorkommt, da Biege- und Scherkomponenten oft mit der Torsion verbunden sind.
Gängige Torsion
Zumeist liegt eine Überlagerung mit Biegemomenten und Querkräften vor.
Hier sind einige Beispiele für Situationen, in denen es nicht nur um reine Torsion geht:
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Biegetorsion: Bei einer Kombination aus Biegung und Torsion werden sowohl Biegemomente als auch Torsionsmomente auf ein Bauteil ausgeübt. Ein Beispiel dafür ist eine Welle, die sowohl durch Biegung als auch durch Torsion belastet wird, wie es bei einer Antriebswelle der Fall ist.
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Torsionsbiegung: In einigen Fällen kann die Torsion zu einer Biegung führen. Ein Beispiel dafür ist ein Stab, der an einem Ende verdreht wird, wodurch eine Torsionsbelastung erzeugt wird, die sich entlang des Stabs ausbreitet und zu einer Krümmung führt.
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Kombinierte Belastungen: Oft treten verschiedene Belastungen gleichzeitig auf, wie zum Beispiel Zug, Druck, Biegung und Torsion. Diese kombinierten Belastungen treten häufig in komplexen Strukturen wie Brücken, Gebäuden oder Flugzeugrümpfen auf.
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Scherbelastung: Scherung ist eine andere Form der Belastung, bei der Kräfte parallel zur Querschnittsfläche eines Materials wirken. Scherbelastungen treten oft zusammen mit Torsionsbelastungen auf und spielen eine Rolle bei der Analyse von Balken, Wellen und anderen strukturellen Elementen.
Torsion – Beispiele im Alltag
Hier sind einige Beispiele für Torsion, die im Alltag vorkommen:
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Türgriffe: Wenn du eine Tür öffnest, übst du eine Torsionskraft auf den Türgriff aus, um ihn zu drehen und die Tür zu öffnen.
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Schraubverschlüsse: Beim Öffnen oder Schließen von Schraubverschlüssen, wie zum Beispiel bei einem Deckel auf einem Glas oder einer Flasche, wird Torsion angewendet, um den Verschluss zu lösen oder festzuziehen.
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Spielzeugkreisel: Ein Spielzeugkreisel funktioniert durch Torsion. Durch das Verdrehen des Griffs oder der Schnur wird eine Torsionskraft erzeugt, die den Kreisel rotieren lässt.
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Korkenzieher: Beim Verwenden eines Korkenziehers zum Öffnen einer Weinflasche wird eine Torsionskraft ausgeübt, um den Korken aus der Flasche zu ziehen.
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Haarspangen: Beim Befestigen von Haarspangen oder Haarklammern wird oft Torsion angewendet, um das Haar zu halten.
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Schraubendreher: Wenn du einen Schraubendreher verwendest, um eine Schraube einzudrehen oder herauszudrehen, wendest du eine Torsionskraft an, um die Schraube zu drehen.
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Sportgeräte: Viele Sportgeräte nutzen Torsion, zum Beispiel beim Golfen wird durch die Drehung des Golfschlägers Torsion erzeugt, um den Ball zu schlagen. Auch beim Tennis, Baseball oder beim Drehen eines Jojos tritt Torsion auf.
Diese Beispiele zeigen, dass Torsion im Alltag häufig vorkommt und in verschiedenen Gegenständen und Handlungen eine Rolle spielt.
Torsion – Anwendungsfälle
In der nächsten Abbildung siehst du hierzu die unterschiedlichen Szenarien für das Auftreten einer Torsion.
In der nachfolgenden Abbildung sind die Stäbe fest an der Wand eingespannt und erlauben somit keine Drehbewegung!
- Im ersten Fall wird ein Torsionsmoment eingeleitet, wodurch eine reine Torsion entsteht, da der Stab fest eingespannt ist.
- Im zweiten Fall sehen wir eine Kraft
die an einem Hebelarm mit der Länge
wirkt. Das Produkt aus beiden, also
ergibt das Torsionsmoment. Am Anlenkpunkt wirkt dabei eine Querkraft, welche an der Einspannstelle ein Biegemoment erzeugt. Hierbei handelt es sich um einen ungünstigen Fall.
- Im dritten Fall können wir durch eine zusätzliche Kraft, die durch die Drehachse der Hauptstruktur geht, die Querkraft und Biegung wieder auf null zwingen (Kräftegleichgewicht wird wieder Null) ohne das Drehmoment wieder auf null zu bringen. Es verbleibt wieder nur Torsion
Torsion – Ablaufschema zur Torsionsberechnung
Funktionsermittlung
Er handelt sich also um einen Hebel zur Drehmomenterzeugung. Beansprucht wird dieser durch eine außermittige Last. Ein Beispiel hierfür ist der Radmutterschlüssel.
Größenerfassung
In der nachfolgenden Abbildung ist ein fest eingespannter Stab mit einem Hebelarm (ähnlich einer Türklinke) dargestellt, welcher am Ende des Hebelarms (Bereich 1 mit der Länge a) durch eine Kraft belastet wird. Auch der Abschnitt zwischen Einspannung und Abknickung (Bereich 2-3 mit der Länge b) stellt einen Hebelarm dar. Der Durchmesser beträgt d.
Mechanisches Ersatzbild
Im mechanischen Ersatzbild finden wir zwei Elemente einen Biegebalken und einen Torsionsstab. Der Bereich mit der Länge ist sowohl eine Biegebeanspruchung als auch einer Torsionsbeanspruchung.
Schnittgrößen ermitteln
Hier legen wir 3 Schnittstellen fest. Wobei wir die Schnittstelle 2 sowohl von rechts als auch von links betrachten müssen. Zudem sei hier erwähnt, dass es sich bei der Schnittstelle 2 um eine biegesteife Ecke handelt (orangene Ausfüllung der Ecke), die Biegemoment übertragen kann. Schnittstelle 1 ist die Krafteinleitungsstelle mit der Querkraft .
Schnittstelle 1
[In Achsrichtung (x) wirkt keine Kraft]
[Kraft F wirkt senkrecht zur Bauteilachse (x)]
[Es liegt kein Hebelarm vor, daher kein Biegemoment]
[Es wird hier keine Torsion eingeleitet]
Schnittstelle 2 (rechts)
[In Achsrichtung (x) wirkt keine Kraft]
[Kraft F wirkt senkrecht zur Bauteilachse (x)]
[Es liegt ein Hebelarm vor, daher ein Biegemoment]
[Es wird hier keine Torsion eingeleitet]
Schnittstelle 2 (links)
[In Achsrichtung (y) wirkt keine Kraft]
[Kraft F wirkt senkrecht zur Bauteilachse (y)]
[Es liegt kein Hebelarm vor, daher kein Biegemoment]
[Es wird hier eine Torsion eingeleitet]
Schnittstelle 3
[In Achsrichtung (y) wirkt keine Kraft]
[Kraft F wirkt senkrecht zur Bauteilachse (y)]
[Es liegt ein Hebelarm (b) vor, daher ein Biegemoment]
[Es wird hier eine Torsion eingeleitet]
Visualisierung der Kräfte
Im letzten Schritt visualisieren wir die Kräfte , genauer gesagt der Verläufe von der Schnittstelle 1 bis 3.
Schaut man sich die Verläufe genauer an, so fällt auf, dass die kritische Stelle die Einspannstelle (3) ist. Daher sollten die Belastungen und Spannungen an dieser Stelle berechnet werden.
Torsion – Formel
Als Modellfall betrachten wir nun den geraden Torsionsstab mit einem Kreis- oder Kreisringquerschnitt.
Suchen wir uns nun eine beliebige Stelle des Stabes x so ergibt sich nachfolgende Gleichung:
Kennzahlen
Schubbeanspruchung für Torsion
Torsionsmoment
Polares Flächenträgheitsmoment des Kreisquerschnitts
Radius
An der Außenfaser liegt die höchste Beanspruchung. Analog zur Biegebeanspruchung führen wir nun ein Widerstandsmoment ein. Uns interessiert lediglich der Wert an der Außenfaser, da dieser dem Maximalwert darstellt. Kleinere Beanspruchungen sind hingegen unkritisch.
Kennzahlen
maximale Schubbeanspruchung für Torsion
Torsionsmoment
Polares Widerstandsmoment
maximal zulässige Schubbeanspruchung für Torsion
wobei
Torsion – Gestaltungsarten
Abschließend stellen wir uns die Frage: Welcher Querschnitt ist optimal bei einer Torsionsbeanspruchung?
War das doppel-T-Träger-Profil (I-Profil) noch die beste Wahl bei einer Biegebeanspruchung, so ist dieser hier bei einer Torsionsbeanspruchung eher ungünstig. Denn betrachten wir erneut den vorangegangenen Fall mit der Profilwelle, so hat sich gezeigt, dass die höchste Belastung an der Außenfaser besteht. Logischerweise, sollte sich hier das meiste Material befinden. Daher sind geschlossene Querschnitte wesentlich steifer als offene Querschnitte bei gleichem Materialaufwand.
Das Verhältnis zwischen dem Flächenträgheitsmoment
[
ist [ ] zu [
].
Optimal sind runde Querschnitt gefolgt von quadratischen Querschnitten. Es sollte daher nach Möglichkeit eine Anpassung an einen Kreisquerschnitt vorgenommen werden, beispielsweise durch Abrunden der Ecken eines quadratischen Querschnitts.
In Bezug auf die Torsionssteifigkeit sind geschlossene, hohle Querschnitt bei gleichem Gewicht am steifsten.
Treten sowohl Biegebeanspruchungen als auch Torsionsbeanspruchungen auf, so sollte die Wahl zwischen einem I-Träger-Profil oder einem Kreisprofil davon abhängig gemacht werden, welche Anteile überwiegen.
Nachdem wir uns mit der Torsion als Beanspruchungsart befasst haben und du im Vorfeld die Beanspruchungsarten Zug, Druck und Biegung ausführlich kennengelernt hast, gehen wir im kommenden Kurstext auf die zusammengesetzten Beanspruchungen ein. Eine zusammengesetzte Beanspruchung liegt immer dann vor, wenn mehrere, der oben aufgeführten Beanspruchungen gemeinsam auftreten und zusammen wirken.
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