Die stochastische Disposition ist ein wesentliches Verfahren in der Materialbedarfsplanung und Produktionssteuerung. Sie basiert auf der Verwendung von Wahrscheinlichkeitsmodellen zur Prognose des Materialbedarfs, um eine optimale Bestandsführung und Nachschubplanung zu gewährleisten. Diese Methode ist besonders hilfreich, wenn die zukünftige Nachfrage von Materialien nicht exakt vorhersehbar ist, sondern statistischen Schwankungen unterliegt.

Was ist stochastische Disposition?
Definition
Die stochastische Disposition ist ein Verfahren, das sich auf statistische und probabilistische Methoden stützt, um den zukünftigen Materialbedarf vorherzusagen. Hierbei werden historische Daten, wie vergangene Verbräuche und Nachfragemuster, analysiert, um Wahrscheinlichkeiten für zukünftige Materialanforderungen zu berechnen. Anders als bei der deterministischen Disposition, bei der genaue Bedarfswerte vorgegeben werden, arbeitet die stochastische Disposition mit Erwartungswerten und Wahrscheinlichkeitsverteilungen.
Bedeutung der stochastischen Disposition in der Produktion
In der Produktion ist es oft schwierig, den genauen Bedarf an Materialien im Voraus zu bestimmen. Insbesondere bei schwankender oder unsicherer Nachfrage, wie sie z. B. in der Konsumgüterindustrie, der Elektronikproduktion oder im Automobilsektor auftritt, ist die stochastische Disposition ein wichtiges Instrument. Sie ermöglicht es, Bestände effizient zu planen und gleichzeitig die Gefahr von Überbeständen oder Materialengpässen zu reduzieren.
Vorteile der stochastischen Disposition
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Flexibilität bei unsicherer Nachfrage: Durch die Verwendung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen können Unternehmen ihre Materialplanung flexibel anpassen und auf Schwankungen in der Nachfrage reagieren.
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Optimierung der Lagerbestände: Da die stochastische Disposition auf statistischen Prognosen basiert, werden unnötige Überbestände vermieden, was Lagerkosten senkt und Kapitalbindung reduziert.
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Reduzierung von Fehlmengen: Die Berechnung eines optimalen Sicherheitsbestands basierend auf der Unsicherheit der Nachfrage verringert das Risiko von Produktionsausfällen durch Materialknappheit.
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Effiziente Bestellplanung: Die Verwendung probabilistischer Modelle ermöglicht es Unternehmen, Bestellungen zu optimieren und die Anzahl der Nachschubvorgänge zu minimieren, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden.
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Bessere Entscheidungsfindung: Durch den Einsatz von statistischen Modellen und Wahrscheinlichkeiten bietet die stochastische Disposition fundierte Entscheidungsgrundlagen, die auf realen Daten und Erfahrungswerten beruhen.
Anwendung der stochastischen Disposition in der Produktion
Die stochastische Disposition wird in verschiedenen Produktionsbereichen angewendet, insbesondere dort, wo die Nachfrage stark schwankt oder Unsicherheiten bestehen. Typische Anwendungsbereiche sind:
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Konsumgüterindustrie: Produkte wie Lebensmittel, Getränke oder Kleidung unterliegen saisonalen und trendbedingten Schwankungen. Die stochastische Disposition hilft hier, Lagerbestände optimal zu steuern.
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Elektronikproduktion: In der Elektronikbranche variieren die Materialbedarfe stark durch schnell wechselnde Technologiezyklen. Prognosen auf Basis statistischer Methoden unterstützen die Produktionsplanung.
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Automobilindustrie: Der Bedarf an Ersatzteilen oder Komponenten kann sich schnell ändern. Die stochastische Disposition sorgt hier für eine flexible Nachschubplanung.
Berechnung des Bedarfs in der stochastischen Disposition
Im Kern der stochastischen Disposition stehen statistische Methoden wie:
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Wahrscheinlichkeitsverteilungen: Durch die Analyse vergangener Verbrauchsdaten lassen sich Wahrscheinlichkeitsverteilungen erstellen, die den zukünftigen Bedarf schätzen. Typische Verteilungen, die verwendet werden, sind die Normalverteilung oder die Poisson-Verteilung.
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Sicherheitsbestand: Ein zentraler Bestandteil der stochastischen Disposition ist die Berechnung eines Sicherheitsbestands. Dieser wird anhand der Variabilität des Bedarfs und der Lieferzeiten festgelegt, um das Risiko von Fehlmengen zu minimieren. Die Formel zur Berechnung des Sicherheitsbestands lautet:
- Z: Z-Wert der Normalverteilung für ein gewähltes Servicelevel (z. B. 95 %)
: Standardabweichung des Bedarfs während der Lieferzeit
- Erwartungswert: Der erwartete Materialbedarf wird auf Basis des durchschnittlichen Verbrauchs und der Lieferzeiten ermittelt. Die Formel lautet:
Durch die Kombination dieser Berechnungen kann der optimale Bestellzeitpunkt und Bestellmenge festgelegt werden.
Herausforderungen der stochastischen Disposition
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Hohe Datenanforderungen: Um präzise Vorhersagen treffen zu können, benötigt die stochastische Disposition umfangreiche und genaue historische Verbrauchsdaten. Eine schlechte Datenqualität kann zu ungenauen Prognosen führen.
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Schwankungen in der Lieferzeit: Unvorhersehbare Schwankungen in der Lieferzeit können das Modell beeinträchtigen. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, sollte die Lieferzeit regelmäßig überprüft und die Berechnung des Sicherheitsbestands angepasst werden.
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Komplexität der Berechnungen: Die stochastische Disposition erfordert fundierte Kenntnisse in Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung. Der Einsatz spezialisierter Software ist oft notwendig, um die Berechnungen effizient durchzuführen.
Optimierung der stochastischen Disposition
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Einsatz moderner Prognosetools: Moderne ERP-Systeme und Prognosetools bieten eine Reihe von Funktionen zur Unterstützung der stochastischen Disposition. Diese Systeme nutzen historische Daten und erweiterte Algorithmen, um genaue Bedarfsprognosen zu erstellen.
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Regelmäßige Überprüfung von Daten: Da die stochastische Disposition stark von historischen Daten abhängt, ist es wichtig, diese regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren. Veränderte Verbrauchsmuster müssen in den Modellen berücksichtigt werden.
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Integration von Echtzeitdaten: Die stochastische Disposition kann durch die Integration von Echtzeitdaten aus der Produktion und Logistik weiter optimiert werden. So können kurzfristige Schwankungen besser erfasst und in die Bedarfsplanung integriert werden.
Unterschied zwischen stochastischer und rhythmischer Disposition
Die stochastische Disposition und die rhythmische Disposition sind zwei verschiedene Ansätze zur Materialbedarfsplanung. Während die stochastische Disposition auf dem tatsächlichen Verbrauch basiert, erfolgt die rhythmische Disposition in festen Zeitintervallen. Die folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Unterschiede:
Kriterium | Stochastische Disposition | Rhythmische Disposition |
---|---|---|
Definition | Die Bestellung erfolgt abhängig vom tatsächlichen Materialverbrauch. | Die Bestellung erfolgt in festen Zeitintervallen, unabhängig vom aktuellen Verbrauch. |
Bestellzeitpunkt | Variabel – Nachbestellung erfolgt, wenn ein bestimmter Meldebestand erreicht wird. | Fix – Nachbestellung erfolgt in regelmäßigen, vorher definierten Intervallen. |
Bestellmenge | Variabel – Bestellmenge richtet sich nach dem aktuellen Bedarf. | Oft konstant – Die Menge wird für jeden Bestellzyklus festgelegt. |
Flexibilität | Sehr flexibel – Anpassung an schwankenden Verbrauch. | Weniger flexibel – Bestellungen erfolgen unabhängig von Bedarfsschwankungen. |
Lagerbestand | Gering – Materialien werden nur bei Bedarf nachbestellt. | Kann höher sein – Da Bestellungen in festen Intervallen erfolgen, kann mehr Lagerhaltung erforderlich sein. |
Einsatzgebiet | Sinnvoll für Artikel mit unregelmäßigem oder schwer vorhersehbarem Verbrauch. | Geeignet für Artikel mit konstantem oder gut planbarem Verbrauch. |
Vorteile | Optimierte Bestandskosten, keine unnötige Lagerhaltung. | Planbare, regelmäßige Nachbestellung mit geringerem Administrationsaufwand. |
Nachteile | Erhöhter Überwachungsaufwand, da der Bestand regelmäßig kontrolliert werden muss. | Risiko von Überbeständen oder Engpässen, wenn der tatsächliche Verbrauch schwankt. |
Beispiele | Rohstoffe mit stark variierendem Verbrauch, Ersatzteile, unregelmäßig benötigte Materialien. | Verbrauchsmaterialien wie Papier, Verpackungsmaterial oder Schmiermittel mit vorhersehbarem Bedarf. |
Fazit
- Die stochastische Disposition ist ideal für Materialien mit unregelmäßigem oder schwer vorhersehbarem Verbrauch, da sie auf den tatsächlichen Bedarf reagiert.
- Die rhythmische Disposition eignet sich für Materialien mit konstantem Verbrauch, da sie einen regelmäßigen Bestellrhythmus ermöglicht und den administrativen Aufwand reduziert.
Unterschied zwischen stochastischer und deterministischer Disposition
Die stochastische Disposition und die deterministische Disposition sind zwei verschiedene Ansätze zur Materialbedarfsplanung. Während die stochastische Disposition auf Verbrauchsprognosen basiert, erfolgt die deterministische Disposition durch eine genaue Bedarfsberechnung. Die folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Unterschiede:
Kriterium | Stochastische Disposition | Deterministische Disposition |
---|---|---|
Definition | Die Materialbeschaffung erfolgt auf Basis von Verbrauchsprognosen und statistischen Methoden. | Die Materialbeschaffung erfolgt durch eine direkte Bedarfsermittlung, z. B. über Stücklisten oder Kundenaufträge. |
Bestellzeitpunkt | Abhängig vom Verbrauch und Lagerbestand, meist bei Erreichen des Meldebestands. | Abhängig von einem konkreten Bedarf (z. B. durch Produktionsplanung oder Kundenaufträge). |
Bestellmenge | Variabel – basiert auf Prognosen des zukünftigen Verbrauchs. | Exakt bestimmbar – richtet sich nach dem tatsächlichen Bedarf. |
Flexibilität | Hoch – reagiert auf Nachfrageschwankungen. | Geringer – basiert auf vorab definierten Bedarfen. |
Lagerhaltung | Erfordert Sicherheitsbestände zur Absicherung gegen Prognosefehler. | Kann Just-in-Time organisiert werden, wodurch Lagerbestände minimiert werden. |
Einsatzgebiet | Geeignet für Materialien mit unregelmäßigem oder schwer vorhersehbarem Verbrauch. | Sinnvoll für Materialien mit feststehendem oder planbarem Bedarf. |
Vorteile | Flexibel bei Nachfrageänderungen, gut für nicht genau planbare Bedarfe. | Exakte Bedarfsdeckung ohne unnötige Lagerkosten, geringe Kapitalbindung. |
Nachteile | Prognoseungenauigkeiten können zu Über- oder Unterbeständen führen. | Wenig Spielraum für ungeplante Bedarfe oder Schwankungen. |
Beispiele | Verbrauchsmaterialien wie Schrauben, Schmierstoffe, Ersatzteile. | Produktionsmaterialien, die über Stücklisten genau definiert sind (z. B. Bauteile für die Montage). |
Fazit
- Die stochastische Disposition ist ideal für unregelmäßig nachgefragte Materialien, bei denen der Bedarf schwer vorhersehbar ist.
- Die deterministische Disposition eignet sich für genau planbare Bedarfe und sorgt für eine exakte Materialversorgung ohne unnötige Lagerkosten.
Mögliche Fragestellungen | Häufig gestellte Fragen (FAQs)
1. Was ist der Unterschied zwischen deterministischer und stochastischer Disposition?
Die deterministische Disposition basiert auf fest vorgegebenen Bedarfswerten, während die stochastische Disposition Wahrscheinlichkeitsmodelle verwendet, um den zukünftigen Bedarf zu prognostizieren.
2. Wann ist die stochastische Disposition sinnvoll?
Die stochastische Disposition ist besonders sinnvoll, wenn die zukünftige Nachfrage unsicher ist und Schwankungen unterliegt, wie in der Konsumgüterindustrie, Elektronikproduktion oder Automobilindustrie.
3. Wie wird der Sicherheitsbestand in der stochastischen Disposition berechnet?
Der Sicherheitsbestand wird anhand der Standardabweichung des Bedarfs und eines Z-Werts für das gewünschte Servicelevel berechnet.
4. Welche Daten sind für die stochastische Disposition erforderlich?
Um genaue Prognosen erstellen zu können, sind umfangreiche historische Daten über Verbrauch, Lieferzeiten und Schwankungen notwendig.
5. Wie kann die stochastische Disposition optimiert werden?
Die Optimierung erfolgt durch den Einsatz moderner Prognosetools, die Integration von Echtzeitdaten und die regelmäßige Überprüfung der historischen Verbrauchsdaten.
Zusammenfassung
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