In diesem Kurstext stellen wir dir basierend auf dem vorangegangenen Kurstext eine typische Klausuraufgabe zur Biegebeanspruchung vor. Dabei bedienen wir uns des bereits behandelten Beispiels, nun jedoch mit Zahlenwerten.
Für ein optimales Verständnis helfen dir einige anschauliche Beispiele und abschließende, umfangreiche Abbildungen zu dem Thema, sowie ein zusammenfassender Videoclip.
Biegebeanspruchung Klausuraufgabe: Ausgangssituation
Erneute betrachten wir das Wellenlager, welches auf einem Stahlträger [Balken] aufliegt. Dieser Balken liegt zudem auf einem Lagerbock. Der Lagerbock besteht aus einem Festlager A und einem Loslager B.
Das Wellenlager wird durch eine schräge Kraft F angegriffen.
Deine Aufgabe besteht darin, für diesen Balken alle Schnittgrößen zu ermitteln.
Gegeben:
- : Schräg angreifende Kraft
- : Winkel der angreifenden Kraft [ = Angriffswinkel]
- : Abstand Festlager zu Mitte Wellenlager [Angriffspunkt der Kraft F]
- : Abstand Loslager zu Mitte Wellenlager [Angriffspunkt der Kraft F]
- : Abstand zwischen Balken und angreifender Kraft [ = Hebelarm]
Gesucht:
Lagerkräfte und anschließend Schnittgrößen!
Wir gehen wie bereits behandelt nach dem bekannten Muster vor:
- Freischneiden [Mechanisches Ersatzbild]
- Lagerkräfte einzeichnen [Mechanisches Ersatzbild]
- Lagerkräfte ermitteln [Gleichgewichtsbedingungen]
- Schnittgrößen ermitteln
Wichtige Annahmen zur weiteren Bearbeitung der Aufgabe:
Beanspruchungen: Dem äußeren Moment stehen innere Spannungen gegenüber, welche
- nach Bernoulli: Querschnitte bleiben eben! [Für linearen Verformungszustand erforderlich]
- nach St. Vernant: Ausreichender Abstand zwischen Einspannung und Angriffsstelle [Verhältnis | Dimensionierung des Balkens ( Länge zu Höhe: 5 : 1) ]
über die Querschnittsfläche des Balkens als linear verteilt angenommen werden.
Der Freischnitt beinhaltet sowohl die Kraft als auch die Lagerkräfte . Die Kraftkomponenten und müssen noch angepasst werden, da es sich um eine schräge Kraft handelt, bei welcher der Winkel gegeben ist.
Im ersten Schritt zerlegen wir die schräge Kraft in ihre Kraftkomponenten und und visualisieren dies erneut in unserem Freischnitt:
Wir bestimmen die drei Lagerkräfte am ungeschnittenen Balken. Hierzu stellen wir die drei Gleichgewichtsbedingungen in der Ebene auf.
- Horizontale Gleichgewichtsbedingung
- Vertikale Gleichgewichtsbedingung
- Momentengleichgewichtsbedingung
Horizontale GGB:
Umstellen ergibt:
Einsetzen ergibt:
Vertikale GGB:
Umstellen ergibt:
Einsetzen ergibt:
Momentengleichgewichtsbedingung
Um nun die beiden noch unbekannten Lagerkräfte bestimmen zu können, nutzen wir jetzt die Momentengleichgewichtsbedingung,
Die Position, an welcher die Gleichgewichtsbedingung folglich am logischsten angewendet wird, ist dort wo die meisten unbekannten Kraft aus der Betrachtung herausfallen.
In unserem Fall ist dies an den Stellen der beiden Lager A und B gegeben. Wählen wir nun das Lager A als unseren Bezugspunkt aus, so fallen die beiden Lagerkräfte aus der Gleichung heraus, zumal deren Wirkungslinie den Bezugspunkt schneiden, wo durch kein Hebelarm wirkt.
Die Lagerkraft können wir somit berechnen.
Immer wenn du vor einer Aufgabe sitzt, bei welcher das Momentengleichgewicht bestimmt werden soll, musst du den Drehsinn berücksichtigen. Handelt es sich um eine Linksdrehung so geht der Term positiv in den Berechnung ein. Liegt hingegen eine Rechtsdrehung vor, so geht der Term negativ in die Berechnung ein.
Momentengleichgewicht am Lager A:
Auflösen der Gleichung nach ergibt:
Einsetzen der bekannten Größen:
Als Ergebnis erhalten wir dann:
Nachdem wir nun errechnet haben, können wir mit Hilfe der vertikalen Gleichgewichtsbedingung (vertikale GGB) noch die verbliebene unbekannte Größe berechnen.
Auflösen nach :
Einsetzen des Wertes für
Der gesamte Balken befindet sich im Gleichgewicht, da
und
gilt.
Es empfiehlt sich die Schnitte immer an den Stellen zu setzen, dort wo eine Belastungsänderung eintritt.
Die umfasst Änderungen von
- Kräften
- Momenten
unter anderem durch
- Gelenke
- Belastungssprünge
Nach einem Schnitt lässt sich entweder mit dem linken oder dem rechten Schnittufer rechnen. Die Wahl sollte immer auf die Seite fällen, wo weniger unbekannte Größen zu berechnen sind.
Daher fällt bei einem Schnitt von Stelle 4 unsere Wahl auf das rechte Schnittufer, da hier lediglich und berücksichtigt werden müssen.
Bei linken Schnittufer sind es mit und hingegen 3 Kräfte. Das Ergebnis ist aber letztlich identisch.
Linkes Schnittufer
Dennoch betrachten wir jetzt die Schnittgrößen am linken Schnittufer:
Stellen wir nun die Gleichgewichtsbedingungen hierzu auf:
Rechtes Schnittufer
Schnitt links am vertikalen Balken
Nun führen wir einen weiteren Schnitt links neben dem senkrechten Balken durch und stellen die Gleichgewichtsbedingung auf.
Schnitt rechts am vertikalen Balken
Nun führen wir einen weiteren Schnitt rechts neben dem senkrechten Balken durch und stellen die Gleichgewichtsbedingung auf.
Jetzt sind alle Kräfte im unteren Balken (horizontal) ermittelt worden. Nun betrachten wir die Kräfte oberhalb vom Balken (vertikal) nachdem wir diesen gedanklich vom unteren Balken getrennt haben.
Gedanklich verlagern wir den Schnitt nun nach oben an die Position 4:
Mit der Bestimmung der Schnittgrößen schließen wir dieses Beispiel ab.
Nachdem wir uns mit dem Zahlenbeispiel für die Biegebeanspruchung befasst haben, gehen wir im kommenden Kurstext auf die Torsion als Form der Beanspruchung ein.
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