Der Mittelwertsatz ist ein wichtiger Satz in der Mathematik. Er sagt, dass es für jede differenzierbare Funktion (= ableitbare Funktion) auf einem Intervall mindestens einen Punkt gibt, an dem die Steigung der Kurve (also die Tangente) genauso groß ist wie der durchschnittliche Anstieg (= Sekante) zwischen den beiden Endpunkten des Intervalls. In diesem Kursabschnitt erfährst du alle wichtigen Informationen für deine Prüfung.
Was ist der Mittelwertsatz?
Definition
Der Mittelwertsatz der Differenzialrechnung besagt, dass es für jede Funktion , die auf einem abgeschlossenen Intervall stetig ist und auf dem offenen Intervall differenzierbar, mindestens einen Punkt gibt, an dem die momentane Änderungsrate (also die Steigung der Tangente) gleich der durchschnittlichen Änderungsrate (also der Steigung der Sekante) ist.
Mittelwertsatz einfach erklärt
In der obigen Grafik siehst du die Funktion f(x) = x². Wir betrachten hier das Intervall [1,3]. Auf diesem Intervall ist die Funktion stetig (keine Sprünge oder Definitionslücken). Die Endpunkte des Intervalls sind an den Stellen x = 1 (mit Funktionswert 1) und x = 3 (mit Funktionswert 9) gegeben. Wir zeichnen nun eine Linie durch die beiden Punkte A(1,1) und B(3,9). Diese Linie wird als Sekante bezeichnet, weil sie durch zwei Punkte der Funktion verläuft. Die Sekante weist eine Steigung von m = 4 auf.
Der Mittelwertsatz besagt nun, dass es innerhalb des offenen Intervalls (1,3) (also zwischen den beiden Endpunkten) einen Punkt gibt, der dieselbe Steigung aufweist, wie die Sekante im Intervall [1,3].
Der Punkt (2,4) liegt im offenen Intervall (1,3) und weist dieselbe Steigung auf, wie die Sekante im Intervall [1,3]. Die Steigung an der Stelle x = 2 beträgt m = 4. Wir können die Steigung in einem Punkt mittels Tangente darstellen. Die gegebene Tangente liegt parallel zur Sekante. Damit weisen beiden dieselbe Steigung auf.
Der Mittelwertsatz ist nur dann gültig, wenn die Steigung der Sekante in einem Intervall [a,b] gleich der Steigung eines Punktes ist, der sich im Intervall (a,b) befindet. Außerdem muss die betrachtete Funktion innerhalb des geschlossenen Intervalls [a,b] stetig sein und auf dem offenen Intervall (a,b) differenzierbar (also ableitbar).
Mittelwertsatz Formel (mathematisch)
Wenn eine Funktion f(x) auf einem geschlossenen Intervall [a,b] stetig und auf dem offenen Intervall (a,b) differenzierbar ist, dann gibt es mindestens einen Punkt c ∈ (a,b), bei dem die Steigung der Tangente der durchschnittlichen Änderungsrate (Steigung der Sekante) auf dem Intervall entspricht.
Der Mittelwertsatz wird formelmäßig wie folgt ausgedrückt:
mit
Linke Seite: Steigung der Funktion an der Stelle c
Rechte Seite: Steigung der Sekante
Der Mittelwertsatz wird angewendet, um die Existenz von Punkten mit bestimmten Steigungen zu zeigen.
- In der Physik und Mathematik, um Durchschnittswerte zu analysieren, z. B. bei der Geschwindigkeitsberechnung.
- Zum Nachweis von Aussagen in der Analysis, z. B. bei der Monotonie oder der Krümmung von Funktionen.
Mittelwertsatz Beispiele
Beispiel 1: Quadratische Funktion
Gegeben sei die Funktion:
auf dem Intervall .
Zeige, dass der Mittelwertsatz gültig ist.
Für die Sekantensteigung benötigen wir zunächst für die Endstellen des Intervalls x = 1 und x = 3 die dazugehörigen Funktionswerte:
Punkt (0|0)
Punkt (5|50)
Berechnung der Sekantensteigung zwischen den Punkten (0|0) und (5|25):
Wir wissen nun, dass die Sekante im Intervall [0,5] die Steigung 10 aufweist. Wir suchen nun in diesem Intervall einen Punkt, der dieselbe Steigung aufweist. Dazu müssen wir die Funktion zunächst ableiten:
Wir haben nun die allgemeine Ableitungsfunktion gegeben. Welcher Punkt weist nun dieselbe Steigung wie die Sekante auf? Die Sekante hat eine Steigung von 10. Demnach suchen wir also einen Punkt, der die Steigung von 10 aufweist. Dafür setzen wir die Ableitung f'(x) gleich 10 und lösen nach x auf:
Die Stelle x = 2,5 liegt im Intervall (0,5) und damit zwischen den beiden Punkten (0|0) und (5|50). Es gibt also einen Punkt C der dieselbe Steigung aufweist, wie die Sekante zwischen den beiden Punkten. Der Punkt mit derselben Steigung ist an der Stelle c = 2,5. Wir berechnen noch den dazugehörigen Funktionswert:
P(2,5|12,5)
Dieser Punkt hat dieselbe Steigung wie die Sekante im Intervall [0,5]. Die Steigung eines Punktes können wir mittels Tangente angeben:
In der obigen Grafik siehst du die Funktion f(x) = 2x² eingezeichnet. Wir betrachten das Intervall [0,5] und ziehen eine Linie durch die beiden Endpunkte des Intervalls A(0|0) und B(5|50). Diese Linie ist die Sekante mit der Steigung m = 10. Der Punkt C (2,5 | 12,5) liegt auf dem Intervall (0,5) und weist dieselbe Steigung auf, wie die Sekante. Damit ist der Mittelwertsatz für das Intervall [1,5] gültig.
Beispiel 2: Sinusfunktion
Gegeben sei die Funktion:
auf dem Intervall .
Für die Sekantensteigung benötigen wir zunächst für die Endstellen x = 0 und x = π die dazugehörigen Funktionswerte:
Punkt A(0|0)
Punkt B(π|0)
Anschließend berechnen wir die Steigung der Sekante:
Die Steigung der Sekante ist Null. Demnach handelt es hierbei um eine horizontale Linie, welche die beiden Punkte A und B verbindet.
Danach wollen wir die Ableitungsfunktion der gegebenen Funktion berechnen. Dazu leiten wir die Funktion ab:
Ableitungsfunktion
Wir suchen nun den Punkt C, für welchen die Steigung gleich Null ist. Dazu setzen wir die ermittelte Ableitungsfunktion gleich Null und lösen nach x auf:
Achtung: Taschenrechner auf RAD umstellen
Die Stelle liegt im Intervall (0|π). Es gibt also einen Punkt, bei welcher die Steigung gleich Null ist, so wie die Sekante im Intervall [0|π].
Wollen wir den Punkt betrachten, so müssen wir den Funktionswert ausrechnen:
Der Punkt lautet also:
In der obigen Grafik siehst du den Mittelwertsatz bei der Sinusfunktion f(x) = sin(x). Betrachten wir die beiden Endpunkte des Intervalls A(0,0) und B(π|0) und verbinden diese miteinander, so sehen wir, dass die Sekante keine Steigung aufweist und damit eine horizontale Linie darstellt. Damit muss auch die gesuchte Tangente im Intervall (0,π) horizontal sein. Wir haben hier den Punkt C(π|2, 1) ausgerechnet. Dieser Punkt ist im Intervall [0, π] ein Hochpunkt. Für einen Extrempunkt (Hoch.- und Tiefpunkt) gilt immer, dass die Steigung gleich Null ist. Damit ist die Tangente in diesem Punkt eine Horizontale und damit parallel zur Sekante.
Beispiel 3: Quadratische Funktion
Gegeben sei die Funktion:
auf dem Intervall
Zeige, dass der Mittelwertsatz gilt.
Für die Sekantensteigung benötigen wir zunächst für die Endstellen des Intervalls x = 1 und x = 6 die dazugehörigen Funktionswerte:
Punkt (1|2)
Punkt (6|72)
Berechnung der Sekantensteigung zwischen den Punkten (1|2) und (6|72):
Wir wissen nun, dass die Sekante im Intervall [1,6] die Steigung 14 aufweist. Wir suchen nun in diesem Intervall einen Punkt, der dieselbe Steigung aufweist. Dazu müssen wir die Funktion zunächst ableiten:
Wir haben nun die allgemeine Ableitungsfunktion gegeben. Welcher Punkt weist nun dieselbe Steigung wie die Sekante auf? Die Sekante hat eine Steigung von 27,6. Demnach suchen wir also einen Punkt, der die Steigung von 27,6 aufweist. Dafür setzen wir die Ableitung f'(x) gleich 27,6 und lösen nach x auf:
Die Stelle x = 3,5 liegt im Intervall (1,6) und damit zwischen den beiden Punkten (1|2) und (6|72). Es gibt also einen Punkt C der dieselbe Steigung aufweist, wie die Sekante zwischen den beiden Punkten. Der Punkt mit derselben Steigung ist an der Stelle c = 3,5. Wir berechnen noch den dazugehörigen Funktionswert:
P(3,5|24,5)
Dieser Punkt hat dieselbe Steigung wie die Sekante im Intervall [1,6].
Beispiel 4: Lineare Funktion
Gegeben sei die folgende Funktion:
auf dem Intervall .
Zeige, dass der Mittelwertsatz gültig ist.
Für die Sekantensteigung benötigen wir zunächst für die Endstellen des Intervalls x = 1 und x = 4 die dazugehörigen Funktionswerte:
Punkt (1|5)
Punkt (4|11)
Berechnung der Sekantensteigung mS zwischen den Punkten (1|5) und (4|11):
Ableitung der Funktion:
Da f'(x) überall 2 ist, erfüllt jeder Punkt im Intervall (1, 4) den Mittelwertsatz. Damit ist die Steigung der Tangente für jeden Punkt im Intervall (1,4) gleich der Sekantensteigung.
Mögliche Fragestellungen | Häufig gestellte Fragen (FAQs)
Was ist der Unterschied zwischen Sekante und Tangente?
Eine Sekante verbindet zwei Punkte auf einer Funktion und gibt die durchschnittliche Steigung an. Eine Tangente berührt die Funktion an genau einem Punkt und gibt die momentane Steigung an.
Welche Funktionen erfüllen den Mittelwertsatz nicht?
Funktionen, die nicht stetig oder differenzierbar sind, wie etwa auf oder eine Funktion mit Sprungstellen.
Wie wird der Mittelwertsatz in der Physik angewendet?
Er wird häufig verwendet, um durchschnittliche und momentane Geschwindigkeiten oder Änderungsraten in Prozessen zu vergleichen.
Gibt es eine geometrische Bedeutung des Mittelwertsatzes?
Ja, der Mittelwertsatz garantiert die Existenz einer Tangente, die parallel zur Sekante im betrachteten Intervall liegt.
Kann der Mittelwertsatz auf Funktionen mit Einschränkungen angewendet werden?
Der Satz gilt nur für stetige und differenzierbare Funktionen, nicht jedoch für diskontinuierliche oder abschnittsweise definierte Funktionen ohne Differenzierbarkeit.
Zusammenfassung
Der Mittelwertsatz ist ein zentraler Satz der Differenzialrechnung, der den Zusammenhang zwischen der Ableitung einer Funktion und ihrer durchschnittlichen Änderungsrate beschreibt. Er besagt, dass es auf einem bestimmten Intervall mindestens einen Punkt gibt, an dem die momentane Änderungsrate (die Ableitung) der Funktion gleich der durchschnittlichen Änderungsrate auf diesem Intervall ist.
Um den Satz anwenden zu können, müssen einige Bedingungen erfüllt sein: Die Funktion muss stetig sein, darf also keine Sprünge oder Lücken aufweisen, und sie muss innerhalb des Intervalls differenzierbar sein, was bedeutet, dass die Ableitung überall existiert.
Der Mittelwertsatz wird oft verwendet, um Eigenschaften von Funktionen zu analysieren und zu zeigen, wie sie sich auf einem Intervall verhalten. In der Praxis hilft er beispielsweise dabei, Wachstumsraten oder Geschwindigkeiten zu verstehen.
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