In diesem Kurstext stellen wir dir kurz das Thema komplexer Strom vor und erklären dir, wie wir diese Größe für die nachfolgenden komplexen Berechnungen der Wechselstromtechnik nutzen. Zudem erfährst du warum die Berechnung über die Größe komplexer Strom einfacher ist, als über andere Wege.
Komplexer Strom – Überblick
“Ein komplexer Strom ist eine zeitabhängige Größe. Sie ändert nicht nur den Betrag, sondern auch die Richtung, weshalb man von einem Wechselstrom spricht.”
Um die Einfachheit zu wahren, beschränken wir uns auch hier auf quasistätionare Zustände. Die Einschwingvorgänge, wie sie beim Einschalten von Spannungsquellen auftreten, nehmen wir als abgeklungen an und müssen sie nicht mehr separat betrachten.
Weiter nehmen wir an, dass sich der Strom harmonisch verhält und deshalb durch eine Sinuskurve oder Kosinuskurve beschrieben werden kann.
Komplexer Strom – harmonischer Verlauf der Kurve
In der nachfolgenden Abbildung siehst du neben dem harmonischen Verlauf der Spannungskurve (Schwingung), auch den Verlauf der harmonischen Stromkurve.
Wie dir bereits bekannt sein sollte, können wir unter Hinzunahme des Zeigerdiagramms, die harmonische Schwingung der Spannung mit einem Zeiger, der mit der Kreisfrequenz um den Nullpunkt rotiert in der komplexen Ebene darstellen.
Wir erinnern uns: Die Länge des Zeigers stellt die Amplitude dar.
Außerdem wissen wir, dass der Übergang von einer Zeitfunktion hin zu einer Winkelfunktion mit dem Phasenwinkel dargestellt werden kann.
Den Anstieg des Winkels beschreiben wir definitionsgemäß mit .
Was du bisher vielleicht nicht wusstest ist, dass man den zeitlichen Verlauf der Schwingung mit Hilfe der rotierenden Zeigerspitze auf die imaginäre Achse (bei einer Sinusfunktion) oder die reelle Achse (bei einer Kosinusfunktion) projiziert werden kann.
Komplexer Strom – Formel
Erneut gehen wir von unseren beiden bekannten Gleichungen aus:
bzw.
Mit diesen Gleichungen können wir auch den komplexen Strom beschreiben:
dies entspricht:
Versorschreibweise
Oder, falls eine Versorschreibweise gefordert ist, dann:
“Unter einem Versor versteht man einen Drehzeiger. Diese Schreibweise findet man bei der komplexen Wechselstromtechnik. Durch die Versorschreibweise umgeht man in der Berechnung die Exponenten und gibt dem Argument die gleiche Schreibzeile und die identische Zeichengröße wie dem Betrag der komplexen Zahl.”
Damit ein Techniker direkt weiß, dass es sich um die Versorschreibweise handelt, verwendet man das Versorzeichen . Gelesen wird der obige Ausdruck wie folgt:
Jetzt können wir noch unterscheiden ob es ein zeitabhängiger (rotierender) Zeiger oder ein zeitunabhängiger (ruhender) Zeiger ist.
Formel – Zeitabhängiger (rotierender) Zeiger
Für einen rotierenden Zeiger gilt die bekannte Gleichung:
Hier rotiert der Zeiger mit der Länge mit der Winkelgeschwindigkeit um den Nullpunkt.
Formel – Zeitunabhängiger (ruhender) Zeiger
Für einen ruhenden Zeiger hingegen gilt:
Den Faktor im letzten Ausdruck nennt man komplexe Amplitude oder Phasor.
Schreibweise mit Realteil und Imaginärteil
Man kann für die Beschreibung des komplexen Stroms als Signal den Kosinus oder den Sinus verwenden. Daraus ergibt sich die Schreibweise der reellen Größen als Realteil bzw. Imaginärteil.
So können die reellen Größen mit Hilfe von Addition und Subtraktion der konjugiert komplexen Signale ermittelt werden:
Formel – Realteil
Formel – Imaginärteil
Falls du es vergessen haben solltest, ist die imaginäre Einheit.
Man wählt diese Darstellung um das reelle Signal als Überlagerung des rotierenden Zeigers, also dem komplexen Signals, und einem entgegengesetzt rotierenden Zeigers auszudrücken.
Dabei rotiert der erste Zeiger (komplexes Signal) gegen den Uhrzeigersinn und der andere Zeiger (konjugiert komplexes Signal) im Uhrzeigersinn.
Komplexer Strom – Weitere Größen
Für ein genaue Berechnung benötigen wir die nicht von der Zeit abhängigen Größen, die ruhenden Zeigern zur Darstellung eines sinusförmigen Signals diesen.
Wir unterscheiden die komplexe Amplitude und den komplexen Effektivwert des Stroms.
“Beide fassen die reellen Konstanten, also die Amplitude bzw. den Effektivwert mit dem Nullphasenwinkel, zu einer komplexen und zeitunabhängigen Konstanten zusammen.”
Komplexe Amplitude des Stroms – Formel
Die komplexe Amplitude wird in der Wechselstromtechnik als Phasor bezeichnet und ermittelt sich mit der nachfolgenden Gleichung:
oder in Versorschreibweise:
“Die komplexe Amplitude wird aus der Amplitude und dem Nullphasenwinkel des Stroms ermittelt.”
Komplexer Strom – Komplexer Effektivwert des Stroms – Formel
Der komplexe Effektivwert ermittelt sich mit der nachfolgenden Gleichung:
Das entspricht dann
oder in Versorschreibweise:
“Der komplexe Effektivwert wird aus dem Effektivwert und dem Nullphasenwinkel des Stroms ermittelt.”
Komplexer Strom – Komplexer Momentanwert des Stroms – Formel
Als weitere Größe betrachten wir nun komplexen Momentanwerte des Stroms. Diese errechnen sich nach der nachfolgenden Gleichung:
oder angepasst mit der komplexen Amplitude des Stroms
Komplexer Strom – Finale Gleichung
Multiplizieren wir jetzt, ausgehend von unseren obigen Gleichung, mit der harmonischen Exponentiellen so erhalten wir wieder die Gleichung für den komplexen Strom.
“Denn die harmonische Exponentielle stellt einen rotierenden Einheitszeiger dar.”
Ausgehend von der komplexen Amplitude können wir die reellen Signale wie folgt beschreiben:
Realteil des Stroms – Formel
Diese entspricht dann:
Imaginärteil des Stroms – Formel
Diese entspricht dann:
Komplexer Strom – Abschließende Erläuterung
Bei der Berechnung für die Größe komplexer Strom können, unter Einhaltung des Überlagerungssatzes, alle Rechenschritte ausschließlich mit komplexen Signalen durchgeführt werden, sofern man am Ende den Realteil und Imaginärteil verwendet.
Für den komplexen Strom ist diese Vorgehensweise zulässig für
- Addition,
- Subtraktion,
- Multiplikation
mit reellen Konstanten.
Zudem eignet sich die Vorgehensweise für die
- Differentiation
- Integration
von Signalen.
Ausgeschlossen sind hingegen hier die Multiplikation und Division von Signalen.
“Es hat sich gezeigt, dass das Rechnen mit komplexen Signalen, also der komplexe Strom fast immer einfacher ist als das Rechnen mit reellen sinusförmigen Signalen.”
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